Vor 50 Jahren wurde die Leuenberger Konkordie unterzeichnet

Wieso Lutheraner, Reformierte und Unierte gemeinsam Abendmahl feiern

Veröffentlicht am 16.03.2023 um 09:30 Uhr – Von Norbert Zonker (KNA) – Lesedauer: 

Berlin  ‐ Seit 50 Jahren feiern Lutheraner, Reformierte und Unierte gemeinsam Abendmahl – in "versöhnter Verschiedenheit". Ein Vorbild auch für Katholiken? Die sind noch skeptisch gegenüber der "Leuenberger Konkordie".

  • Teilen:

Sie gehört sicher zu den erfolgreichsten ökumenischen Vereinbarungen, doch der Begriff Leuenberger Konkordie ist selbst unter den davon betroffenen Protestanten vielfach nicht geläufig. Dabei bildet die "Konkordie Reformatorischer Kirchen in Europa", die vor 50 Jahren, am 16. März 1973, im Tagungshaus Leuenberg bei Basel unterzeichnet wurde, die Grundlage für das heute selbstverständliche Miteinander der Protestanten verschiedener Konfessionen.

Für die Jüngeren ist es kaum noch vorstellbar, dass es vor der Vereinbarung vielerorts mehrere evangelische Kirchen gab, in denen Lutheraner, Reformierte oder Unierte sich getrennt voneinander versammelten. Aufgrund des Abendmahlsstreits der Reformatoren Martin Luther und Huldrych Zwingli hatte es über Jahrhunderte keine Abendmahlsgemeinschaft zwischen Lutheranern und Reformierten gegeben.

Eine Karriere, wie sie vorher undenkbar war

Eine Karriere wie etwa des 2015 verstorbenen Braunschweiger Landesbischofs Friedrich Weber, der auf das reformierte Bekenntnis ordiniert wurde, mit einer Baptistin verheiratet war und 2002 zum Bischof einer lutherischen Landeskirche gewählt wurde, war bis dahin undenkbar. Nur folgerichtig, dass Webers letztes Amt das des geschäftsführenden Präsidenten der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) - wie die "Leuenberger Kirchengemeinschaft" heute heißt - mit Sitz in Wien war.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bemühten sich die Protestanten in mehreren langwierigen Gesprächsreihen auf deutscher und europäischer Ebene, die Spaltung zu überwinden. Dies gelang schließlich auf dem Leuenberg mit der Konkordie. In der Präambel heißt es: "Die dieser Konkordie zustimmenden lutherischen, reformierten und aus ihnen hervorgegangenen unierten Kirchen sowie die ihnen verwandten vorreformatorischen Kirchen der Waldenser und Böhmischen Brüder stellen aufgrund ihrer Lehrgespräche unter sich das gemeinsame Verständnis des Evangeliums fest, wie es nachstehend ausgeführt wird. Dieses ermöglicht ihnen, Kirchengemeinschaft zu erklären und zu verwirklichen." Konkret gewährten sie sich die Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und die gegenseitige Anerkennung der Ordination.

Kardinal Kurt Koch im Porträt
Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Kardinal Kurt Koch ist Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen. Er hat einen Dialog mit der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) begonnen

Mit der Konkordie sind allerdings die unterschiedlichen Lehrmeinungen zwischen Lutheranern und Reformierten noch nicht vereinheitlicht, sie gelten nur nicht mehr als kirchentrennend ("versöhnte Verschiedenheit"). Und die Konkordie gilt eben nicht weltweit, sondern nur für die inzwischen 94 Mitgliedskirchen der GEKE und damit für etwa 50 Millionen Protestanten in Europa. Dazu gehören auch sieben methodistische Kirchen, die nicht den Text der Konkordie unterzeichneten, sondern 1997 auf der Grundlage einer "Gemeinsamen Erklärung zur Kirchengemeinschaft" beitraten.

Allerdings haben sich noch nicht alle aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen der Konkordie angeschlossen. Und die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands, die 2012 die Frauenordination wieder abgeschafft hatte, trat 2021 aus der GEKE wieder aus.

Für katholische Kirche ist das Modell nicht tragfähig

Auch die katholische Kirche hält das Ökumene-Modell der Konkordie so nicht für tragfähig. Kirchengemeinschaft sei für sie mehr als ein Netzwerk lokaler oder konfessioneller Kirchen, die sich gegenseitig anerkennen und Eucharistie- und Kanzelgemeinschaft pflegen, meinte etwa der frühere Präsident des Päpstlichen Einheitsrats, Kardinal Walter Kasper. Unter seinem Nachfolger, Kardinal Kurt Koch, hat immerhin ein offizieller Dialog der katholischen Kirche mit der GEKE begonnen.

Grundlage dafür war ein "Bericht über Kirche und Kirchengemeinschaft" als Ergebnis einer Konsultationsreihe unter Leitung des Speyrer Bischofs Karl-Heinz Wiesemann und des damaligen Pfälzischen Kirchenpräsidenten Christian Schad. "Wir sind uns in ekklesiologischen Fragen deutlich näher, als wir bisher gedacht haben", heißt es darin resümierend. Zugleich wird die Leuenberger Kirchengemeinschaft als "nicht immanent reformatorisches", sondern "ökumenisch offenes" Modell bezeichnet. Der Ausgang der Gespräche in ein paar Jahren wird zeigen, ob das Erfolgsmodell Leuenberger Konkordie mit weiteren Klärungen auch in Richtung der katholischen Kirche fortgeschrieben werden kann.

Von Norbert Zonker (KNA)