Erzbischof Gänswein besucht Altötting – Demonstration angekündigt
Erzbischof Georg Gänswein (66), langjähriger Privatsekretär von Benedikt XVI. (1927-2022), wird am morgigen Sonntag (16. April) zum Bruder-Konrad-Fest im oberbayerischen Wallfahrtsort Altötting erwartet. Er ist Hauptzelebrant und Prediger des Festgottesdienstes um 10 Uhr in der Basilika Sankt Anna, wie aus der Gottesdienstordnung des Wallfahrtsortes hervorgeht. Der 16. April ist zugleich der Geburtstag des an Silvester 2022 verstorbenen Benedikts. Er kam 1927 im nahe Altötting gelegenen Marktl am Inn zur Welt.
Am Vorabendabend des Konrad-Festes ist eine Lesung aus Gänsweins Buch "Nichts als die Wahrheit" im Kongresszentrum Forum Altötting angekündigt. Mitglieder der Garchinger Initiative Sauerteig wollen im Vorfeld der Veranstaltung demonstrieren. Sie fordern eine bessere Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs und höhere Entschädigungen für Betroffene.
Den Demonstrierenden geht es dabei insbesondere um Ratzingers Rolle im Fall von "Priester H.". "Dem im Dezember verstorbenen Papst Benedikt XVI. lagen spätestens 1986 Informationen über die Gefährlichkeit des Priesters vor", heißt es von Seiten der Demo-Organisatoren. Grundlage des Vorwurfs sind Medienrecherchen. Im August 1986 sei der Vatikan um Erlaubnis für den damaligen Priester H. gebeten worden, dass dieser wegen "absoluter Alkoholunverträglichkeit" Messfeiern mit Traubensaft statt mit Wein feiern dürfe, berichteten im Februar der "Bayerische Rundfunk" und das Recherchezentrum "Correctiv". H. war zuvor wegen mehrfachen Kindesmissbrauchs vor dem Amtsgericht Ebersberg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Mit der von Ratzinger gewährten Erlaubnis, Traubensaft statt Wein bei der Feier der Messe zu verwenden, habe der damalige Präfekt der Glaubenskongregation den weiteren Einsatz des vorbestraften Geistlichen in der oberbayerischen Gemeinde Garching an der Alz ermöglicht.
Das Missbrauchsgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) über sexualisierte Gewalt im Erzbistum München und Freising widmet dem Fall H. einen Sonderband mit 350 Seiten. Die im Januar 2022 veröffentlichte Untersuchung wirft dem späteren Papst Benedikt XVI., der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising war, persönliches Fehlverhalten in mehreren Fällen vor. (ben/KNA)