Nach monatelangen Querelen: Straßburger Erzbischof zurückgetreten
Der Straßburg Erzbischof Luc Ravel ist am Donnerstag von seinem Amt zurückgetreten. Das berichtet die katholische Tageszeitung "La Croix" (online Donnerstagabend) unter Berufung auf eine persönliche Erklärung des Erzbischofs. Demnach stelle er "den Frieden als höchstes Gut" vor alle anderen Erwägungen. Vorausgegangen waren monatelange Auseinandersetzungen um Ravels Amtsführung sowie eine vatikanische Überprüfung (Visitation) im Juni 2022. In dessen Folge hatte Papst Franziskus Ravel laut Medienberichten zum Rückzug aufgefordert; dem leistete der Ordensmann jedoch längere Zeit nicht Folge. Anfang April demonstrierten auf dem Vorplatz des Straßbürger Münsters Katholiken für die Abberufung des 65-Jährigen.
Ravel leitete das wohlhabende elsässische Bistum seit Anfang 2017; zuvor war er Frankreichs Militärbischof. Zudem gibt es zwei Weihbischöfe, Christian Kratz (70; seit 2000) und Gilles Reithinger (50; seit Juni 2021). Ravel hatte Kratz kürzlich überraschend weitgehend entmachtet. Französische Medien berichteten, der Vatikan habe den Weihbischof als sogenannten Apostolischen Administrator (Interimsverwalter) ausersehen, um Ravel die Leitungsgewalt der Erzdiözese zu entziehen. Kritiker beschrieben Ravel, Mitglied des Kanonikerordens der Augustiner-Chorherren, als aufbrausend und menschenfern, zuweilen schneidend und autoritär. Seine Anhänger wiesen dies zurück.
Personalentscheidungen wurden als autoritär empfunden
Das Erzbistum Straßburg ist deutlich vermögender als die meisten anderen Diözesen in Frankreich. Das liegt an einer staatskirchenrechtlichen Besonderheit im Elsass und in Lothringen: Die laizistische Dritte Republik hat 1905 das französische Konkordat von 1801 aufgekündigt und für Frankreich eine strikte Trennung von Staat und Kirche vollzogen. Allerdings gehörten Elsass und Lothringen zwischen den Kriegen von 1870/71 und 1914/18 zu Deutschland – so dass das Konkordat dort bis heute in Kraft ist. Das bedeutet auch, dass der französische Staat die Gehälter der Geistlichen sowie Bauzuschüsse zahlt.
Das, so zitierte "La Croix" im vergangenen Jahr einen Insider der Diözese, vermittele manchen Priestern auch "ein gewisses Gefühl der Unabhängigkeit gegenüber dem Bischof". Einige achteten gut auf ihre Vorteile aus einer wirtschaftlich komfortablen Position. Unmut, schrieb die Zeitung, habe es schon wenige Wochen nach Ravels Ankunft gegeben, als der Bischof christliche Sattheit kritisierte und erklärte, niemand könne ein guter Pfarrer sein ohne leidenschaftliche Liebe zu Christus. Zu Beginn gleich abgekanzelt zu werden, habe viele empört. Auch Ravels Personalentscheidungen und Versetzungen wurden als autoritär empfunden. Seelsorger sprachen über "Einsamkeit und eine Kluft zwischen Bischof und Mitarbeitern, die sich immer weiter vertieft". Im Juni 2022 wurde der Finanzchef der Diözese, Jacques Bourrier, fristlos und ohne Begründung entlassen. Der frühere Marineoffizier kündigte Rechtsmittel an. (KNA)