Siebenschläfer: Nicht die Schlafmaus
Der Siebenschläfer, mit etwa 30 Zentimetern Körperlänge die größte einheimische Schlafmaus, hält bis zu 7 Monate Winterschlaf. Wovon so mancher Morgenmuffel nur träumen kann, das weckt bei den "echten", den heiligen Siebenschläfern nur ein müdes Lächeln: Knapp 200 Jahre, so die Legende, hatten sie geschlafen, ehe sie den Bewohnern der kleinasiatischen Stadt Ephesus im fünften Jahrhundert Zeugnis für die Auferstehung der Toten ablegten. Sie gaben dem Siebenschläfertag, der am heutigen Samstag begangen wird, den Namen.
200 Jahre Schlaf
So soll es gewesen sein: Während der Christenverfolgung unter dem römischen Kaiser Decius Mitte des dritten Jahrhunderts verweigerten die sieben Brüder, die getauft waren, das geforderte Götteropfer und versteckten sich in einer Höhle. Von den Kaiserlichen bei lebendigem Leibe eingemauert, beteten sie um Schutz - und schliefen ein. Als 193 Jahre später - das Christentum war längst Staatsreligion - nahe der Höhle ein Viehstall errichtet wurde, wurden auch die Steine verwendet, mit denen die Schläfer eingesperrt worden waren. Darauf erwachten sie und glaubten, nur eine Nacht geschlafen zu haben. Einer von ihnen, Malchus, ging in die Stadt einkaufen. Als er mit 200 Jahre alten Münzen bezahlen wollte, wurde er aufgegriffen und dem Bischof vorgeführt.
Wunder überzeugt auch den Kaiser
Er erzählte seine Geschichte und war verwundert, dass sich überall das Zeichen des Kreuzes fand. Auch Kaiser Theodosios II. überzeugte sich laut Legende von der Wahrheit der Geschichte und dankte Gott für dieses Zeichen der Auferstehung der Toten. Es kam wohl zur rechten Zeit, denn inzwischen gab es viele "Irrlehrer", die die Auferstehung leugneten. Kurz danach entschliefen die 200-jährigen Jünglinge - endgültig.
Die Siebenschläferlegende fand rasch Verbreitung, im Abendland ebenso wie im Orient. In abgewandelter Form ist sie auch in den Koran eingegangen. In der 18., der sogenannten "Höhlen"-Sure, allerdings durften die sieben Männer sogar 309 Jahre in ihrer Höhle schlafen. Jeden Freitag werden die ursprünglich christlichen Märtyrer in allen Moscheen der Welt verehrtt.
Vor allem in der Kreuzzugs- und der Barockzeit war der Siebenschläferkult im Abendland beliebt. Trotzdem gibt es in ganz Europa nur drei Kirchen zu den "Heiligen Siebenschläfern", zwei davon in Bayern. Im niederbayrischen Rotthof südlich von Passau findet sich die wohl schönste plastische Darstellung der sieben Patrone gegen die Schlaflosigkeit. Das bretonische Vieux Marche bei Plouaret ist sogar Ziel gemeinsamer Wallfahrten von Muslimen und Christen. Die meisten Pilger beider Religionen aber besuchen den vermeintlichen Ort des Geschehens selbst, den erst 1926 entdeckten Bestattungsort der Siebenschläfer bei Ephesus.
Bauernregel für den Siebenschläfertag
Hätte Kaiser Theodosios die sieben braven Kleinasiaten auch zum westeuropäischen Wetter befragt, sie hätten wohl nur mit den Schultern gezuckt. Dennoch: Der Siebenschläfertag fällt auf den 27. Juni und wurde früher vor allem von der bäuerlichen Bevölkerung mit Argwohn beobachtet. So wie das Wetter an diesem Tag ist, so die Bauernregel, so wird es auch weitere sieben Wochen sein.
Allerdings: Der 27. Juni ist nicht der eigentliche Siebenschläfertag, weil nach der Kalenderreform von 1582 genau 10 Tage gestrichen wurden, so dass der Zeitpunkt, auf den sich die Regel bezieht, eigentlich auf den 7. Juli fällt. Daher nehmen die Meteorologen häufig den Zeitraum der ersten Julitage, um das voraussichtliche Sommerwetter etwas genauer zu prognostizieren. Erfahrungsgemäß stabilisiert sich dann die Großwetterlage über Mitteleuropa.
Für den Meteorologen Karsten Brandt ist die Siebenschläferregel eine der besten Bauernregeln überhaupt. Doch auch sie ist nicht absolut zuverlässig: Die Trefferquote liegt laut Deutschem Wetterdienst im Binnenland nur bei etwa 55 bis 60 Prozent, im Alpenvorland bei etwa 70 Prozent. Aber auch nur, wenn man die Regel nicht sonderlich eng auslegt. Computergestützte moderne Vorhersagen haben demgegenüber eine höhere Trefferwahrscheinlichkeit.