Hinter den Kulissen brodelt es

Papst trifft Kinderschutzkommission – nach Zollner-Rücktritt

Veröffentlicht am 05.05.2023 um 15:24 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Erstmals seit ihrer Umstrukturierung traf der Papst mit seiner Kinderschutzkommission zusammen. Er lobte das Engagement der Mitglieder. Sie sollten nicht nachlassen. Doch hinter den Kulissen des Gremiums brodelt es.

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Papst Franziskus hat sich am Freitag mit der von ihm eingerichteten Kinderschutzkommission getroffen. Es war die erste Audienz seit Umstrukturierung des Gremiums im vergangenen Jahr. Zugleich war es die erste Begegnung nach dem Rückzug des deutschen Kinderschutzexperten und Jesuiten Hans Zollner vor gut einem Monat.

In seiner Rede rief Franziskus die verbliebenen Kommissionsmitglieder auf, beim Schutz betroffener Personen voranzugehen und Wege zu Wiedergutmachung und einem sensiblen Umgang mit Missbrauchsopfern zu ebnen. Der Schutz von Minderjährigen und gefährdeten Personen müsse für alle Mitarbeitende der Kirche Priorität haben. In diesem Zusammenhang betonte der Papst die Rolle kirchlicher Amtsträger und ihre Vorbildfunktion. Zugleich räumte er Versäumnisse bei der Missbrauchsaufarbeitung ein. Es sei an der Zeit, den entstandenen Schaden zu reparieren, forderte Franziskus. Niemand könne heute mehr ehrlich behaupten, nicht von der Realität des sexuellen Missbrauchs in der Kirche betroffen zu sein.

Papst-Erlass verschärft

Weiteres Thema der waren die bereits ergriffenen Maßnahmen seit Gründung der Kinderschutzkommission vor zehn Jahren. Dazu zähle auch der Papst-Erlass "Vos estis lux mundi" ("Ihr seid das Licht der Welt"), der kürzlich bestätigt und verschärft wurde. Die entsprechenden Vorgaben regeln, wie im Fall von Missbrauchs-Verdachtsfällen vorzugehen ist und wer, wann, wofür zuständig ist.

Die päpstliche Kommission soll die Einhaltung der neuen und strengeren vatikanischen Leitlinien zum Kinderschutz überwachen und nationale Bischofskonferenzen bei der Umsetzung beraten. Besonders im globalen Süden sollen angemessene Strukturen zum Missbrauchsschutz geschaffen werden. Das ist eine Erweiterung des Aufgabenfelds, die mit der Umstrukturierung des Gremiums 2022 einherging. Zuvor war die Kommission vor allem für die Betreuung von Missbrauchsbetroffenen, dem Erstellen von Leitlinien zur Prävention und Schulung von kirchlichem Personal zuständig.

Hans Zollner ist Leiter des Kinderschutzzentrums an der päpstlichen Universität Gregoriana.
Bild: ©Paolo Galosi/Romano Siciliani/KNA (Archivbild)

Ende März zog sich der Jesuit Hans Zollner aus der Päpstlichen Kinderschutzkommission zurück. Er nannte "strukturelle und praktische Probleme" als Gründe.

Für das umfassendere Aufgabenfeld hatte Franziskus die Mitgliederzahl der 2014 gegründeten Kommission erhöht. Dafür fordert er einen jährlichen Bericht über Umsetzung und Fortschritte der kirchlichen Bemühungen im Kampf gegen sexuellen Missbrauch. An diesen Bericht erinnerte er auch in seiner Rede.

Derzeit berät die Kinderschutzkommission bei ihrer Vollversammlung in Rom nach eigenen Angaben noch über Methodik und Inhalt des Berichts. Gremiumssekretär Andrew Small rechnet mit einer Veröffentlichung im Jahr 2024. Bei dem noch bis Samstag dauernden aktuellen Kommissionstreffen soll es obendrein eine Diskussion über Arbeitsmethoden, Rollen und Zuständigkeiten geben.

Zollner kritisiert verschiedene Punkte

Punkte, die zuletzt Jesuitenpater Hans Zollner scharf kritisierte. Der Leiter des Instituts zum Schutz vor Missbrauch an der Päpstlichen Universität Gregoriana verließ das Gremium kürzlich. Als Gründe führte er etwa unzureichende Verantwortungsübernahme und mangelnde Transparenz an. So seien etwa die Auswahlkriterien für die Kommissionsmitglieder sowie deren genaue Rollen und Aufgaben unklar. Die Probleme in der Kommission hätten mit ihrer Zuordnung zur Glaubensbehörde zwar nicht begonnen, sich aber verschärft. Es fehle seither etwa an Kompetenz im wichtigen Bereich Kirchenrecht. Weiter befand er die finanziellen Rechenschaftspflichten des Gremiums für unzureichend. Kommissionsleiter O'Malley, Erzbischof von Boston, wies die Kritik Zollners zurück. Anders reagierten indes ein ehemaliges Mitglied sowie eine Kinderrechtsexpertin in einem Brief an den Papst.

Der Zusammenbruch von Pater Zollners Vertrauen in die Kommission sei "sehr beunruhigend", heißt es in dem von der Zeitung "Irish Times" veröffentlichten Schreiben. Darin warnen die ehemalige irische Staatspräsidentin und Kinderrechtsexpertin Mary McAleese und Missbrauchsopfer Marie Collins vor Versuchen hochrangiger Kirchenvertreter, "Pater Zollner zu diskreditieren". Collins hatte die Kommission selbst 2017 verlassen. Mit Zollners Rückzug werde der Ruf der Kommission existenziell beschädigt, so die beiden Frauen. Sie fordern nun eine unabhängige, externe Überprüfung des Gremiums. Ein Jahrzehnt nach dessen Gründung müsse Franziskus erneut eingreifen, so das Fazit. (KNA)