Adliger zu Krönung und Religiosität des neuen britischen Königs

Graf Schönburg zu Charles III.: "Es lohnt sich, seine Stimme zu hören"

Veröffentlicht am 06.05.2023 um 00:01 Uhr – Von Christiane Laudage und Simon Kajan (KNA) – Lesedauer: 5 MINUTEN

Berlin ‐ Was steckt hinter einer Krönung? Wieso wird Charles III. dabei "ausgestoßen"? Und wie tickt er in religiöser Hinsicht? Alexander von Schönburg kennt die englischen Royals persönlich und erklärt im Interview Hintergründe.

  • Teilen:

Alexander von Schönburg kennt die englischen Royals nicht aus der Klatschpresse wie die meisten Menschen, sondern persönlich. Der Chef des Hauses Schönburg-Glauchau hat gerade ein Buch veröffentlicht "Was bleibt, was wird – die Queen und ihr Erbe". Im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin erklärt der Adlige, warum der König bei seiner Krönung ausgestoßen wird und was Königin Camilla von seinem Nachtgebet hält.

Frage: Graf Schönburg, freuen Sie sich auf die Krönung?

von Schönburg: Ich freue mich sehr auf die Krönung, weil sie eine der wenigen Gelegenheiten ist, noch einmal Zeuge einer so royalen Prachtentfaltung zu werden. Wir haben gerade die Trauerfeierlichkeiten für Elizabeth II. erlebt. Und bei wahrscheinlich vier Milliarden Menschen an den Fernsehbildschirmen war dies das größte TV-Ereignis in der Geschichte dieses Mediums. Dabei sah man die Faszination, die von dieser Prachtentfaltung ausgeht.

Ich muss jetzt schon vorwarnen, dass man nichts Vergleichbares von Charles' Krönung erwarten darf, weil er sich allergrößte Mühe gibt, die Feierlichkeiten zeitgemäßer, inklusiver und diverser zu gestalten. Damit wird sie natürlich auch ein wenig von ihrem Zauber verlieren.

Frage: Die Krönung ist ein großartiges Ereignis mit viel Pomp und Kanonendonner. Steckt da vielleicht noch mehr hinter?

von Schönburg: Da steckt eine Menge mehr dahinter und das ist in unseren zunehmend säkularen Zeiten eigentlich anstößig. Nämlich die Tatsache, dass der wichtigste Moment der Krönung jener ist, in dem Charles mit dem sogenannten Heiligen Öl gesalbt wird. Das ist die Sichtbarmachung, dass der König von Gott auserwählt ist, so wie König David oder König Salomon im Alten Testament.

Die Queen wurde mehrfach zitiert, dass sie 1953 im Moment ihrer eigenen Salbung die göttliche Gegenwart gespürt hat. Deswegen war es für sie auch vollkommen klar, dass sie nie abdanken konnte. Sie betrachtete ihre Krönung als Weiheakt.

Bild: ©KNA/Gordon Welters

Der Journalist und Schriftsteller Alexander von Schönburg.

Frage: Passt der religiöse Inhalt einer Königskrönung noch in eine Zeit, in der immer mehr Menschen keine Religion haben?

von Schönburg: Das ist gerade das Anstößige. In Großbritannien haben die meisten Menschen keinen Glauben mehr und gerade in diesem Land wird ein Staatsoberhaupt mit einem sakralen Akt eingesetzt. Wahrscheinlich kann ein größerer Anteil der muslimischen oder hinduistischen Bevölkerung mehr mit dem sakralen Moment der Krönung anfangen als der durchschnittliche Großstadtbewohner.

Frage: Und was ist mit der Salbung? Warum ist sie so wichtig?

von Schönburg: Sie ist eine Aussonderung. Der Monarch wird aus dieser Welt ausgestoßen und Gott übereignet. Die Salbung ist nicht nur symbolisch, sondern soll eine ontologische Tatsache sichtbar machen wie ein Sakrament. Man kann das Krönungszeremoniell daher nur verstehen, wenn man einen Begriff für das Heilige hat.

Frage: Seit rund 500 Jahren ist der englische Monarch Verteidiger des Glaubens und weltliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche. Manche blicken kritisch auf seine Religiosität...

von Schönburg: Also man tut dem König Unrecht, wenn man ihn abtut als jemanden, der so eine Art Schickimicki-Religionsverständnis hat, das sich überall die besten Häppchen herausnimmt, ein bisschen kalifornischer Buddhismus und ein bisschen Sophismus und ein bisschen Orthodoxie dazu gemischt. Er ist ein Mensch, der sich sehr intensiv mit den religiösen und kulturellen Wurzeln unserer Kultur und der anderen Kulturen beschäftigt hat.

Frage: Und wie tickt der König nun in religiöser Hinsicht?

von Schönburg: Charles ist nach wirklich jahrelangen ernsthaften Studien zu dem Ergebnis gekommen, dass es so etwas wie eine Uroffenbarung gibt. Und diese Uroffenbarung hat in ihm das Verständnis dafür geweckt, dass es eine universelle Wahrheit gibt, die letztlich allen Weltreligionen zugrunde liegt. Charles glaubt an das Göttliche, an das Heilige. Er klagt immer wieder darüber, dass der Westen in großer Gefahr sei, sein spirituelles Fundament zu verlieren und damit in die Barbarei abrutscht. Der König ist jemand, der Religion sehr viel ernster nimmt als vielleicht Generationen von englischen Monarchen. Das hat er auch in seinem Buch "Harmonie" deutlich gemacht.

Frage: Und was ist mit Königin Camilla?

von Schönburg: Sie teilt vielleicht nicht den intellektuellen Zugang ihres Mannes zur Religion. Doch hat sie ein sehr großes Verständnis für Charles' Religiosität und schaut liebevoll darauf, wenn er abends sein Nachtgebet spricht.

Themenseite: Enzyklika "Laudato si"

Am 18. Juni 2015 wurde die Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus veröffentlicht. Sie beschäftigt sich vorrangig mit ökologischen Fragen. Katholisch.de hat alles Wichtige rund um das Schreiben zusammengestellt.

Frage: Charles interessiert sich aber auch ganz konkret für Naturschutz oder Architektur. Die Zukunft des Planeten ist ein Kernanliegen. Hat das auch etwas mit seiner Spiritualität zu tun?

von Schönburg: Er ist der Überzeugung, dass alles worauf es ankommt, sich im Niedergang befindet: Während wir Menschen meinen, wir erlebten Fortschritt, befindet sich alles im Niedergang. Für ihn liegt das auch daran, dass der Mensch seit der Renaissance die Geschicke in die eigene Hand nehmen möchte, anstatt sie Gott zu überlassen. Da teilt er viel mit Papst Franziskus und seiner Enzyklika "Laudato si". Für ihn ist die Schöpfung etwas Heiliges. In dieser Zeit der Technologiehörigkeit und der kulturellen und sozialen Umbrüche könnte er auch anschlussfähig sein für Phänomene wie Extinction Rebellion, die eigentlich religiöse Züge annimmt.

Frage: Ist der König also eine intellektuelle und spirituelle Ausnahmeerscheinung unter den englischen Königinnen und Königen?

von Schönburg: Absolut. Das macht ihn gerade zu einer hochinteressanten Figur in dieser Umbruchszeiten, in der wir uns befinden. Ich glaube, es lohnt sich, seine Stimme zu hören.

Von Christiane Laudage und Simon Kajan (KNA)