Vordenker mit mutigem Lebenszeugnis
Zum 70. Jahrestag der Hinrichtung am 2. Februar 1945 erinnern zwei Gedenkgottesdienste in Delps Heimatstadt Mannheim an den Jesuiten. Erzbischof Stephan Burger würdigt Delps "beeindruckendes, mutiges Lebenszeugnis": Seine unerschütterliche christliche Überzeugung habe Delp bis in den Tod hinein getragen. "Seine Texte geben uns noch heute Orientierung, Mut und Kraft", sagte Burger der Katholischen Nachrichten-Agentur. Daher lohne es, den 70. Todestag zu nutzen, um Delps Denken neu zu entdecken.
Als Sohn eines protestantischen Kaufmanns und einer katholischen Mutter wurde Delp 1907 in Mannheim geboren. Leidenschaftlich engagierte er sich im rheinland-pfälzischen Lampertsheim, wo die Familie ab 1914 wohnte, in der katholischen Jugendarbeit. Sein Gemeindepfarrer förderte die intellektuelle Begabung des Jugendlichen. Direkt nach dem Abitur trat Delp entgegen den Wünschen seiner Eltern in den Jesuitenorden ein. Während seiner Studienzeit war Karl Rahner, der später als Konzilstheologe bekanntwerden sollte, sein Lateinlehrer. Es folgen Studien im In- und Ausland, für einige Zeit war er in der Jesuitenschule Kolleg Sankt Blasien tätig.
Abgrenzungen zum NS-Staat
Nachdem ihm die Nationalsozialisten ein Promotionsstudium an der Universität München verweigerten, kam Delp zur NS-kritischen Jesuitenzeitschrift "Stimmen der Zeit". Gleichzeitig entwarf er in Predigten in Abgrenzung zum NS-Staat seine Vision eines solidarischen Christentums und einer humanen Gesellschaft.
Delp war zugleich ein scharfer Kritiker einer selbstzufriedenen, verbürgerlichten Kirche. Er forderte einen "drängenden missionarischen Dialog mit dieser Zeit". Die Kirche dürfe nicht "Misstrauen gegen die schöpferischen Kräfte der Menschen" hegen. Der Jesuit war überzeugt: "Es wird kein Mensch an die Botschaft vom Heil und vom Heiland glauben, solange wir uns nicht blutig geschunden haben im Dienste des physisch, psychisch, sozial, wirtschaftlich, sittlich oder sonstwie kranken Menschen."
Vermittelt durch den Münchner Jesuitenprovinzial Augustin Rösch kam Delp in Kontakt mit dem Kreisauer Kreis. Wie groß sein Einfluss dort war und wie oft er an Treffen teilnahm, bleibt unter Historikern umstritten. Sicher ist, dass Delp kein konkretes realpolitisches Programm für die Zeit nach Hitler entwarf, sondern eher Gedanken für die sozialphilosophischen Fundamente eines neuen Deutschlands beisteuerte. Delp hoffte auf einen "Humanismus im Namen Gottes", auf ein Erwachen des Menschen zu seinen Werten und Würden.
"In einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie"
Nach der Verhaftung Moltkes und vor allem nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg geriet Delp ins Visier der Gestapo. Weil sich in Stauffenbergs Notizbuch Delps Name fand, wurde er verdächtigt, an der Verschwörung des 20. Juli beteiligt gewesen zu sein. Was aktuellen Forschungen zufolge indes nicht der Fall war.
Am 9. und 10. Januar 1945 machte ihm der oberste NS-Richter Roland Freisler wegen Hoch- und Landesverrats den Prozess. Delp selbst spürte, wie er es nach der Verurteilung formulierte, schon "bei den ersten Fragen die Vernichtungsabsicht. Es war alles fertig, als es anfing." Am 11. Januar 1945 verkündete Freisler das Todesurteil.
Mit gefesselten Händen verfasste der Pater in den ihm verbleibenden Wochen zwischen Verhaftung und Hinrichtung Briefe, Meditationen und Abhandlungen. Ein geistliches Testament. Sein Glaube und sein tiefes Gottvertrauen waren bis zuletzt ungebrochen. Als er am 2. Februar 1945 zum Galgen geführt wurde, soll er dem Gefängnisseelsorger zugeflüstert haben: "In einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie."
Von Volker Hasenauer (KNA)