Katholisch.de beantwortet Fragen zum Thema Pflege

Was hat sich geändert?

Veröffentlicht am 15.01.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Pflege

Bonn/Freiburg ‐ Die Qualität der Pflege in Heimen und durch ambulante Pflegedienste ist deutlich besser geworden. Das geht aus dem vierten Pflege-Qualitätsbericht hervor, den der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) und der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) am Mittwoch in Berlin vorstellten. Er beruht auf der Inaugenscheinnahme von insgesamt rund 146.000 Pflegebedürftigen durch Prüfer der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung.

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Doch welche Ergebnisse brachte der Bericht genau? Wo gab es Verbesserungen und wo Defizite? Katholisch.de beantwortet wichtige Fragen zum Thema.

In welchen Bereichen gab es Verbesserungen bei der Pflege?

Gegenüber dem 2012 vorgestellten dritten Pflege-Qualitätsbericht gab es vor allem bei der Vermeidung von Druckgeschwüren und freiheitsentziehenden Maßnahmen Fortschritte. Im Vergleich zu 2012 sank die Zahl der Bewohner, die etwa mit Bettgittern oder Gurten in ihrer Freiheit eingeschränkt wurden, von 20 auf 12,5 Prozent. Immer häufiger werden Alternativen wie Matratzen auf dem Boden eingesetzt. Bei 79 Prozent der von einem Dekubitus (Druckgeschwür) betroffenen Bewohner erfolgte die Behandlung nach dem aktuellen Wissensstand (2012: 74,5 Prozent).

In welchen Bereichen gibt es Defizite bei der stationären Pflege?

Schwächen weist die Pflege laut dem Bericht vor allem beim Schmerzmanagement auf. 32,3 Prozent der untersuchten Heimbewohner brauchten Schmerzmedikamente. Bei 964 Personen, also 3,5 Prozent der Betroffenen, wurden die Medikamente nicht wie ärztlich verordnet oder erst nach mehrmaligem Nachfragen gegeben. Bei 21 Prozent der Bewohner mit einer behandlungsbedürftigen chronischen Wunden wurden hygienische Standards nicht beachtet (2012: 25,5 Prozent).

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Video: © katholisch.de

Die ehemalige Altenpflegerin Cornelia Schultz spricht mit katholisch.de über Missstände in der Altenpflege.

Wie ist die Situation der Bewohner von Pflegeheimen?

63,8 Prozent der Bewohner in Pflegeheimen waren in ihrer Alltagskompetenz durch sogenannte gerontopsychiatrische Krankheiten eingeschränkt, etwa Demenz, Alzheimer oder Depressionen und Ängste. 35 Prozent litten an chronischen Schmerzen. 76,8 Prozent erhielten eine Inkontinenzversorgung, 10,6 Prozent haben eine Katheterversorgung. 7,6 Prozent zeigten einen bedeutenden Gewichtsverlust und 3,8 Prozent litten an einem Druckgeschwür.

Wie ist die Lage bei den ambulanten Diensten?

Bei den ambulanten Diensten bewerteten es die Prüfer positiv, dass bei 83,6 Prozent der Pflegebedürftigen in deren Wohnungen Beratungen etwa über Sturzrisiken durchgeführt wurden. 2012 war dies nur bei 50,1 Prozent der Fall. Bei 14,1 Prozent der Pflegebedürftigen wurden Medikamente, für die keine ärztliche Verordnung vorlag, oder Medikamente mit falscher Wirkstoffkonzentration verabreicht (2012: 22,5 Prozent).

Auf welchen Daten beruht der Bericht?

Für den Pflege-Qualitätsbericht wurden die Qualitätsprüfungen der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung in den Ländern (MDK) aus den Jahren 2013 berücksichtigt. Dabei wurden in 12.190 Pflegeheimen 85.237 zufällig ausgewählte Bewohner auf ihren Pflegezustand und die Versorgungssituation bewertet. Zudem wurden 61.694 Personen untersucht, die von 11.021 ambulanten Diensten gepflegt wurden. Seit 2008 werden die Pflegeeinrichtungen regelmäßig geprüft. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Pflege in Deutschland.

Von Michael Merten (KNA)

Kritik am Pflegebericht

Der Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD) sieht den neuen Pflege-Qualitätsbericht kritisch. "Aus unserer Sicht bildet er die Wirklichkeit in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen nicht vollständig ab", sagte der VKAD-Vorsitzende Hanno Heil am Mittwoch auf Anfrage in Freiburg. Grundlage des Berichts seien bislang nur vergleichsweise wenige Einzelfallprüfungen zu jeweils nur einem Stichtag. "Ein umfassenderes Bild muss das jeweilige Qualitätsmanagement aller Pflegeeinrichtungen einbeziehen. Wir müssen dazu kommen, dass alle sich um eine kontinuierliche Verbesserung der Pflege bemühen, statt nur auf den einen Kontrolltermin der Prüfer zu schielen." Kritik kam auch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Deren Vorstand Eugen Brysch sprach mit Blick auf das Schmerzmanagement von einem insgesamt mangelhaften Ergebnis. Hinter vielen der Zahlen steckten menschliche Tragödien, so Brysch. Er sprach sich dafür aus, dass die Anforderung des Facharztes in die Verantwortung der Pflegeheime gegeben werde. Der Bericht hatte festgestellt, dass in vielen Einrichtungen noch nicht genug getan würde, um Pflegebedürftigen ständige Schmerzen zu ersparen. VKAD-Vorsitzender Hanno Heil begrüßte hingegen, dass der vorgelegte Qualitätsbericht Fortschritte bei der Vermeidung von Druckgeschwüren und freiheitsentziehenden Maßnahmen verzeichnet. "Auch die Einrichtungen in katholischer Trägerschaft haben hier zuletzt noch einmal genau hingeschaut." Eindringlich mahnte er, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit qualifiziertes Pflegepersonal angemessen bezahlt werden kann. "Eine Bezahlung nach Tarif darf nicht zu einem finanziellen Belastung für den Träger werden", so Heil. Zuletzt hatten die ambulanten Pflegedienste von Caritas und Diakonie kritisiert, dass ihre Personalkosten nicht durch die Kranken- oder Pflegekassen refinanziert würden. Im Wettbewerb mit Billiganbietern drohe daher vielen kirchlichen Pflegediensten das wirtschaftliche Aus. In Deutschland sind rund 2,6 Millionen Menschen pflegebedürftig. Zwei Drittel werden zu Hause und ein Drittel stationär betreut. In Deutschland gibt es mehr als 10.000 Heime und mehr als 12.000 ambulante Pflegeeinrichtungen. (som/KNA)