Ostdeutsche Bistümner profitieren vom Zuzug katholischer Migranten

Zuwanderung auf katholisch

Veröffentlicht am 29.01.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Zuwanderung

Görlitz ‐ Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Mehr als 75 Prozent der Zuwanderer in Deutschland stammen aus christlich geprägten Ländern in Europa. So steht es im Migrationsbericht 2013 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, der in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde. Demnach stellen Polen mit 16,1 Prozent die größte Gruppe der Zuwanderer in Deutschland.

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Die Migration aus der Europäischen Union (EU) macht 58 Prozent der gesamten Zuwanderung nach Deutschland aus. Weitere wichtige Fakten aus dem Bericht: Die Zuzüge aus Rumänien und Bulgarien steigen seit dem EU-Beitritt im Jahr 2007 kontinuierlich an, eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch mit Blick auf Kroatien, das 2013 der Union beigetreten war. Die Zuwanderung aus den südeuropäischen EU-Staaten Spanien und Italien ist ebenfalls deutlich spürbar. Umgekehrt heißt das aber auch: Nur rund 25 Prozent der Einwanderer kommen aus Staaten außerhalb von Europa.

Die ostdeutschen Diözesen Berlin, Dresden-Meißen und Görlitz profitieren besonders von dem Zuzug von Katholiken aus Osteuropa. In Brandenburg wächst die Zahl der Katholiken und auch viele katholische Gemeinden in Dresden, Görlitz oder Leipzig können durch den starken Zustrom von Migranten ein Wachstum verzeichnen. "Mit 272 Zuzügen waren die Polen 2013 die größte Gruppe", sagt Michael Baudisch, Sprecher des Bistums Dresden-Meißen. Die Diözese hat eine exakte Aufschlüsselung der Nationen aller Zugezogenen für 2013 erstellt. Die nächst größeren Zuwanderergruppen sind nach dieser Statistik 184 Italiener, 143 Ungarn, 99 Slowaken, 76 Tschechen und 68 Spanier.

Mehr Zuwanderung notwendig

Trotz oder gerade wegen der islamfeindlichen Demonstrationen der Pegida-Bewegung fordern mehrere ostdeutsche Ministerpräsidenten eine noch stärkere Zuwanderung von Ausländern in ihre Region. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und seine Kollegen aus Thüringen und Sachsen-Anhalt, Bodo Ramelow (Linke) und Reiner Haseloff (CDU), sagten am vergangenen Wochenende, gerade der Osten Deutschlands sei auf mehr Ausländer angewiesen. Die demografische Entwicklung könne nur durch Zuwanderung ausgeglichen werden.

Tatsächlich haben die Regionen im äußersten Osten der Republik in den vergangenen 25 Jahren fast ausnahmslos einen Bevölkerungsverlust hinnehmen müssen. Städte wie Hoyerswerda oder Eisenhüttenstadt, die über die Hälfte ihrer Einwohner verloren haben, sind die krassesten Beispiele.

Die katholischen Gemeinden sind deshalb erfreut über den spürbaren Zuzug aus dem Ausland. "20 Prozent der Katholiken in der Stadt Görlitz sind Polen", bestätigt Bischof Wolfgang Ipolt. "Das Miteinander ist inzwischen sehr gut gewachsen", sagt der Oberhirte von Deutschlands kleinster Diözese.

Gutes Miteinander in den Gemeinden

Wie gut das deutsch-polnische Miteinander tatsächlich funktioniert, kann man an den Firmgruppen oder in den Vorbereitungsgruppen der Kommunionkinder sehen. In manchen Jahrgängen sind 75 Prozent der Kinder zweisprachig. Eigene muttersprachliche Gemeinden fördert das Bistum Görlitz aber nicht, um keine parallelen Pastoralstrukturen zu etablieren. "Wir fördern stattdessen die Integration der polnischen Katholiken in unsere Kirchengemeinden", sagt Generalvikar Alfred Hoffmann.

Ganz problemlos ist die Zuwanderung polnischer Katholiken für die Bistümer aber trotzdem nicht. "Viele treten aus der Kirche aus, wenn sie merken, dass es in Deutschland eine Kirchensteuer gibt", sagt Hoffmann, der sich besonders um eine Integration polnischer Katholiken bemüht und dafür sogar polnisch gelernt hat.

Wolfgang Ipolt ist seit 2011 Bischof von Görlitz.
Bild: ©picture alliance / ZB/Jens Trenkler

Wolfgang Ipolt ist seit 2011 Bischof von Görlitz.

"Das Kirchensteuersystem ist Ausländern schwer zu erklären", bestätigt auch Stefan Förner, der Sprecher des Erzbistums Berlin. Gerade viele polnische Zuwanderer würden mit dem Umzug nach Deutschland leider auch ihre christlichen Traditionen ablegen. Der Zusammenhalt der Gemeinden in Polen sei mitunter auch ein kultureller. Das Erzbistum Berlin habe insgesamt 18 verschiedene muttersprachliche Gemeinden. "Davon hat jede auch einen eigenen Seelsorger", fügt Förner hinzu.

Glaubensbrüder aus der Ukraine

In Dresden haben sich aufgrund der Ansiedlung von internationalen Unternehmen schon seit Jahren größere fremdsprachige Gemeinden gebildet. Einen koreanischen Gottesdienst gibt es hier jeden vierten Samstag im Monat. Auch englische, italienische, vietnamesische und spanische Katholiken werden hier betreut. Gerade in den Großstädten Dresden und Leipzig ist das Wachstum der Gemeinden spürbar.

Auch wenn die Zahlen für 2014 noch nicht vorliegen, so ist doch mit dem Wachsen einer weiteren Gruppe zu rechnen. Ukrainer kommen aufgrund des Konflikts in der Ostukraine vermehrt nach Deutschland. In Dresden ist man auf die Glaubensbrüder gut vorbereitet. Hier gibt es sogar eine Gemeinde der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche.

Von Markus Kremser