Kirchen legen Bericht zur Religionsfreiheit vor: Situation bedrängend
Katholische und Evangelische Kirche in Deutschland haben ihren dritten Bericht zur Religionsfreiheit weltweit vorgelegt. Er bilanziere den derzeitigen Stand der Religionsfreiheit mit besonderem Blick auf das Christentum, hieß es bei der Vorstellung am Mittwoch. Zugleich wiesen Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auf die menschenrechtliche Dimension der Religionsfreiheit hin.
Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der DBK, Bischof Bertram Meier, bedauerte, dass gerade das Thema Christenverfolgung sich lange in einer Tabuzone befunden habe und "Extremgruppen" überlassen worden sei. Der Augsburger Bischof rief dazu auf, auch Christenverfolgung als Aspekt der Religionsfreiheit stärker in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. "Wir als Kirchen in einem freien Land sehen es als unsere Glaubenspflicht, den diskriminierten und manchmal gar massiv verfolgten Christen zur Seite zu stehen", so Meier. "Ihr Leid bedrängt uns. Ihr Schicksal darf uns niemals gleichgültig sein." Zugleich wies er darauf hin, dass der Bericht nicht in Form von Alarmismus auf Missstände bei der Religionsfreiheit hinweisen solle: "Polemik bringt in diesem Thema vielleicht Schlagzeilen, aber inhaltlich führt es nicht weiter."
Auch Deutschland Beispielland
Laut der EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber soll mit dem Bericht am Beispiel der Religionsfreiheit eine allgemeine Menschenrechtsbildung vorangebracht werden. Die Verteidigung der weltweiten Religionsfreiheit sei ein Dauerauftrag für die Kirchen, fügte Meier hinzu. "Es ist nicht damit getan, ein Pflichtprogramm zu machen und einen Tag ein Eventfeuerwerk abzubrennen."
Der 182-seitige Bericht trägt den Titel "Eine christliche Perspektive auf ein universelles Menschenrecht". "Die Ergebnisse des Berichts insgesamt zeigen: Die Situation ist bedrängend", heißt es in einer Zusammenfassung. Der Bericht führt exemplarisch den Zustand der Religionsfreiheit in verschiedenen Ländern auf. Neben Beispielländern wie etwa China, Indien, Israel, Irak und Türkei wurde auch Deutschland ausgewählt.
Hier werde Religionsfreiheit oft missverstanden und ihr Charakter als Grundrecht von unterschiedlicher Seite infrage gestellt, erklärte Mitautor Heiner Bielefeldt. "Während ultrakonservative oder rechtspopulistische Akteure dazu neigen, die Religionsfreiheit 'klientelistisch' in Beschlag zu nehmen, besteht in religionsfernen 'säkularistischen Milieus' gelegentlich die Neigung, ihren Sinn und ihre Aktualität überhaupt in Zweifel zu stellen."
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Darüber hinaus führe der Bericht Spannungsfelder in der Gesellschaft auf, in denen sich die Religionsfreiheit bewähren müsse, etwa Migration, aber auch im Genderdiskurs. Insbesondere gegen letzteres werde die Religionsfreiheit oftmals als Bollwerk herangezogen. "Wieso jemand in seiner Religionsfreiheit dadurch irgendwie beeinträchtigt werden sollte, dass Lesben und Schwule ihre Beziehungen in der Gesellschaft angst- und diskriminierungsfrei leben können, bleibt dabei in der Regel völlig unerfindlich", heißt es dazu im Bericht.
Missio: Stimmen unser Partner werden von Politik nicht gehört
Der nun veröffentlichte dritte Bericht folgt auf die von 2013 und 2017. Wie auch in den Vorberichten nennt er keine Zahl zu weltweit verfolgten oder bedrängten Christen, da sowohl die quantitative Anzahl als auch die Definition der Begriffe methodisch anfechtbar seien, hieß es. Damit verfolge der ökumenische Bericht einen anderen Ansatz als entsprechende Einlassungen der Organisationen "Kirche in Not" oder "Open Doors", die ebenfalls regelmäßig Berichte zur weltweiten Religionsfreiheit mit dem Schwerpunkt Christenverfolgung veröffentlichen.
Das katholische Hilfswerk missio Aachen hat den ökumenischen Bericht in einer Stellungnahme am Mittwoch begrüßt und forderte gleichzeitig eine engere Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und den Kirchen. Missio-Präsident Dirk Bingener warf der Ampel-Koalition eine zunehmende religionspolitische Zurückhaltung in Fragen der Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit vor. Der Austausch gestalte sich derzeit als schwierig. "Die Stimmen unserer Partnerinnen und Partner aus dem globalen Süden werden weniger gehört", so Bingener. Der Bericht verdeutliche, dass die beiden großen Kirchen in Deutschland und ihre Hilfswerke einen universalen Ansatz verträten, der jeden Menschen ungeachtet seiner Herkunft und Religion im Blick habe. Der Bericht von EKD und DBK halte ebenfalls fest, dass gerade rechtspopulistische Parteien das Thema Religionsfreiheit für ihre eigenen Zwecke instrumentalisierten. "Gerade in dieser Situation müssen Zivilgesellschaft, demokratische Parteien und kirchliche Akteure stärker zusammenarbeiten und sich nicht in Fragen der Religionsfreiheit auseinanderbringen lassen", so Bingener. (cbr/KNA)