Benediktiner wurde aufgefordert, sein Kreuz abzulegen

Vor Klagemauer: Streit um Brustkreuz von Dormitio-Abt Schnabel

Veröffentlicht am 19.07.2023 um 11:15 Uhr – Lesedauer: 

Jerusalem ‐ Dormitio-Abt Nikodemus Schnabel wurde am Mittwochmorgen bei einem Besuch an der Jerusalemer Klagemauer dazu aufgefordert, sein Brustkreuz ablegen. Es folgte eine Auseinandersetzung, die gefilmt wurde. Schnabel selbst äußerte sich danach bei Twitter.

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Der Abt der Jerusalemer Dormitio-Abtei, Nikodemus Schnabel, ist am Mittwochmorgen bei einem Besuch in der Jerusalemer Altstadt dazu aufgefordert worden, sein Brustkreuz abzulegen. Das Video eines "Spiegel"-Journalisten, das Schnabel nach dem Vorfall selbst bei Twitter teilte, zeigt, wie eine nicht im Bild zu sehende Frau den Abt auf dem Platz vor der Klagemauer auffordert, sein Kreuz zu verdecken, da es "sehr groß" und "für diesen jüdischen Ort unangemessen" sei. Bei der Frau soll es sich nach Angaben des Journalisten um eine Mitarbeiterin der "Western Wall Heritage Foundation" handeln, die Organisation ist für alle Belange rund um die Klagemauer zuständig.

Bei Twitter schrieb Schnabel zu dem Vorfall: "Das leider nicht ganz so schöne Ende einer schönen Altstadt-Tour durch das morgendliche Jerusalem. Es ist schmerzhaft zu erleben, wie das Klima in dieser wundervollen Stadt sich unter der neuen Regierung immer mehr zum Unguten verändert. Jerusalem ist doch groß genug für alle!" In dem Video selbst ist zu sehen, wie der Abt sein Unverständnis über die Aufforderung der Frau äußert. Dass er sein Brustkreuz ablegen solle, sei "sehr hart". Zudem warf er der Frau vor, seine Religion nicht zu respektieren und seine Menschenrechte einzuschränken. Sein Brustkreuz sei keine Provokation, sondern Teil seiner Kleidung als römisch-katholischer Abt.

"Spiegel"-Journalist: Schnabel hat Kreuz nicht abgelegt

Laut dem "Spiegel"-Journalisten legte Schnabel das Kreuz trotz der Aufforderung nicht ab. Die Auseinandersetzung habe am Ende eines Besuchs des Dormitio-Abts mit einer Delegation rund um Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) an der Klagemauer stattgefunden. Die Politikerin ist derzeit für einige Tage in Israel, um sich einen Eindruck von der israelischen Forschungs- und Innovationslandschaft zu verschaffen. Schnabel selbst reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage von katholisch.de. Unter seinem Tweet äußerten viele Nutzer derweil ihre Solidarität mit dem Abt.

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Die "Western Wall Heritage Foundation" erklärte am Mittag gegenüber katholisch.de, man entschuldige sich für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Und weiter: "Die Klagemauer ist für alle offen." Zudem erklärte die Organisation, dass es – anders als von der Frau im Video behauptet – auf dem Platz vor der Klagemauer keine Vorschriften zum Ablegen religiöser Symbole gebe. Die Mitarbeiterin habe "den Besucher" lediglich höflich gefragt, ob es möglich sei, das Brustkreuz zu verdecken, "um Unannehmlichkeiten zu vermeiden". Als sich Schnabel geweigert habe, habe die Frau seine Entscheidung respektiert und ihren Weg fortgesetzt.

2016 hatten deutsche evangelische und katholische Bischöfe bei einem gemeinsamen Besuch auf dem Tempelberg und an der Klagemauer ihre Brustkreuze abgelegt. Dies sorgte damals für scharfe Kritik vor allem am damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und dem damaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Kritiker warfen den Bischöfen vor, sich durch das Ablegen des Kreuzes insbesondere muslimischen Autoritäten auf dem Tempelberg unterworfen und "Verrat" begangen zu haben. Die Bischöfe wiesen diese Vorwürfe zurück. Man sei mit der Geste Bitten der muslimischen und jüdischen Zuständigen für die heiligen Stätten der jeweiligen Religionen gefolgt, so Bedford-Strohm. Marx betonte, dass zur Zeit des Besuchs auf dem Tempelberg und an der Klagemauer eine "sehr angespannte Situation" geherrscht habe: "Es ging darum, nicht zu provozieren." (stz)

19.7., 12:07 Uhr: Ergänzt um die Stellungnahme der "Western Wall Heritage Foundation".