Zuvor Geldstrafe für polnischen Ordensmann wegen "unsittlichen Verhaltens"

Priester begeht Suizid nach Pädophilie-Vorwürfen

Veröffentlicht am 21.08.2023 um 12:49 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Stettin ‐ Ein polnischer Ordensmann musste eine Geldstrafe zahlen, weil er in der Öffentlichkeit masturbiert hatte. Doch war er auch ein Pädophiler? Am Ende einer politischen und medialen "Hexenjagd" steht der tragische Selbstmord des Priesters.

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In Polen hat sich ein Priester das Leben genommen, nachdem bekannt geworden war, dass er wegen Masturbation in der Öffentlichkeit eine Geldstrafe zahlen musste. Am Freitag hatte die Stettiner Lokalpolitikerin Dominika Jackowski von der oppositionellen "Bürgerplattform" in einem Post auf dem Sozialen Netzwerk X – vormals Twitter – die Nachricht einer besorgten Mutter veröffentlicht, zu der auch ein Foto des Mannes gehörte, berichteten polnische Medien am Wochenende. Darin wird der Geistliche, der dem Salesianerorden angehört, als "pädophiler Priester, der vor meiner Tochter masturbierte", beschrieben. Recherchen eines lokalen staatlichen Radiosenders bestätigten, dass die Polizei den Priester wegen "unsittlichen Verhaltens" an einem öffentlichen Strand eine Geldstrafe auferlegt hatte. Allerdings habe der Ordensmann nicht vor Kindern masturbiert; in diesem Fall hätten die Beamten ihn in Haft nehmen müssen. Laut Aussage der Mutter habe der Geistliche der Polizei bei deren Eintreffen die Situation damit erklärt, dass er "durch den Blick auf das Meer erregt" worden sei.

Am Samstag habe der Salesianerorden darüber informiert, dass wegen der Anschuldigungen gegen den Priester "die Polizei und die zuständigen Behörden" eingeschaltet worden seien, heißt es in den Medienberichten weiter. Der Geistliche habe seinen Oberen über den Vorfall informiert, sei jedoch ein Mann von "tadellosem Ruf". Er habe in einer Schule in Stettin Religionsunterricht gegeben und Kinder auf die Erstkommunion vorbereitet. Später im Laufe des Tages teilte die Ordensgemeinschaft mit, dass der 57-Jährige gestorben sei.

Nach Bekanntwerden des Suizids wurde der Oppositionspolitikerin Jackowski im öffentlich-rechtlichen Fernsehsender TVP vorgeworfen, durch ihren Post eine "Hexenjagd" auf den Priester angezettelt zu haben. Sie habe einen Unschuldigen durch "falsche Vorwürfe der Pädophilie" in den Tod getrieben. Jackowski wies diesen Vorwurf in einer Erklärung am Sonntag zurück. Sie habe lediglich das "Wohl der Kinder" im Blick gehabt. Der Suizid des Priesters sei eventuell dadurch motiviert gewesen, dass aufgrund der zahlreichen Medienberichte "der Fall nicht still und heimlich unter den Teppich gekehrt" habe werden können. Beobachter sehen in dem Fall auch eine politische Auseinandersetzung: Die regierende PiS-Partei hat in den vergangenen Jahren ihren Einfluss auf die Berichterstattung der staatlichen Sender massiv erhöht. Ihr wird vorgeworfen, die Medien für Kampagnen gegen ihre politischen Gegner zu nutzen. Die "Bürgerplattform" ist die größte Oppositionspartei Polens. Donald Tusk, ehemaliger Ministerpräsident Polens und Ex-Präsident des Europäischen Rates, führt die Partei. (rom)

Hilfe bei Suizidgedanken

Katholisch.de berichtet in der Regel nicht über Selbsttötungen, um Nachahmung zu vermeiden. Sollten Sie selbst oder Menschen in Ihrem Umfeld Suizidgedanken haben, wenden Sie sich unter 0800-1110111 oder 0800-1110222 umgehend an die kostenlose Telefonseelsorge. Dort erhalten Sie Hilfe.