Mongolei-Besuch: Die Ostasien-Strategie von Papst Franziskus
Dschingis-Khan-Flughafen, 1. September, 10.00 Uhr: Papst Franziskus landet als erster Papst der Geschichte auf mongolischem Boden. Viele Menschen werden sich an diesem Freitagmorgen wohl über die Aufregung wundern, die dieser ältere, weißgewandete Herr in ihrem Land verursacht. Sehr bekannt ist das katholische Kirchenoberhaupt dort bislang nicht. In der vom buddhistischen Lamaismus und vom Schamanismus geprägten Mongolei gibt es nur wenige Christen – und noch weniger Katholiken: gerade mal knapp 1.500.
Damit gehört die katholische Kirche dort zu den kleinsten der Welt. So gibt es auch keine Bistümer oder gar eine landeseigene Bischofskonferenz – aber seit 2022 einen Kardinal, den jüngsten der Weltkirche. Der 49-jährige Italiener Giorgio Marengo leitet die 2002 eingerichtete Apostolische Präfektur Ulan Bator, einen kirchlichen Verwaltungsbezirk; die Vorstufe eines Bistums. Ganze neun katholische Kirchen gibt es im Land, mit 29 Priestern, davon 2 Mongolen. International vertritt Marengo die Katholiken in der Mongolei bei der Zentralasiatischen Bischofskonferenz.
Hauptsächlich ausländische Missionare arbeiten in der Mongolei, die gut vier Mal so groß ist wie Deutschland. Dabei hat das gesamte Land weniger Einwohner als Berlin; über 40 Prozent leben in der Hauptstadt Ulan Bator. In den ländlichen Gebieten führen viele Menschen ein Nomadenleben. Sie ziehen mit ihren Viehherden von Weideplatz zu Weideplatz und leben in sogenannten Gers, der mongolischen Form einer Jurte. Die Rundzelte waren auch Vorbild für die katholische Kathedrale Peter und Paul in Ulan Bator.
In dem am dünnsten besiedelten Land der Erde will Franziskus vor allem die katholische Gemeinschaft stärken. An die Ränder gehen und dort den Glauben verkünden ist ein zentrales Anliegen des Papstes. Kardinal Marengo, seit über 20 Jahren in der Mongolei, sieht in Franziskus' Besuch eine Ermutigung. Damit erkenne der Papst an, dass es auch in einem so kleinen Teil der Kirche etwas Wichtiges und Schönes gibt. In einem Interview kurz nach Bestätigung der Reise erklärte er weiter: "Ich glaube, für die Kirche in der Mongolei ist es vor allem die Frische eines aufkeimenden Glaubens, der voller Wunder ist."
Zudem scheint die Mongolei Teil einer Art päpstlicher Reisestrategie in Asien zu sein. Franziskus betrachtet den flächen- und bevölkerungsmäßig größten Kontinent als Zukunftsregion der Kirche. Nach Besuchen in Südkorea (2014), den Philippinen (2015), Myanmar (2017) sowie Thailand und Japan (2019) hätte Franziskus mit einem Besuch in der Mongolei die Volksrepublik China quasi halb umrundet. Ein Besuch in Peking gilt derzeit zwar als ausgeschlossen; diplomatische Beziehungen zwischen Peking dem Vatikan gibt es nicht. Aber mit seiner Reise kann der Papst die Aufmerksamkeit der Medien für das Thema Religion und ihre Rolle für den Frieden zumindest zeitweise auf die Region fokussieren.
Doch Franziskus ist nicht nur als katholischer Oberhirte unterwegs. Ausdrücklich betont der Vatikan auch den Aspekt der bilateralen Zusammenarbeit mit dem zwischen Russland und China gelegenen Staat, der sich seit etlichen Jahren auch stärker gen Westen orientiert. Mit der Demokratisierung der Mongolei nach dem Zerfall der Sowjetunion begannen auch die diplomatischen Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl. 1992 kamen sowohl eine neue Verfassung als auch die katholische Kirche ins Land.
Treffen mit Kyrill?
So trifft Franziskus bei seinem Besuch Staatspräsident Uchnaagiin Chürelsüch, Regierungschef Luvsannamsrai Oyun-Erdene und weitere Vertreter von Politik und Gesellschaft. Den Dialog, den die katholische Minderheit vor Ort mit anderen Religionen führt, will der Papst mit einem interreligiösen Treffen würdigen. An seinem letzten Besuchstag soll er ein katholisches Sozialzentrum einweihen. Das "Haus der Barmherzigkeit" möchte Anlaufstelle sein für Opfer häuslicher Gewalt, Obdachlose und Migranten. Soziales Engagement ist eines der Hauptanliegen der noch kleinen Kirche in der Mongolei.
Von Freitag bis Montag (1. bis 4. September) hält sich Papst Franziskus in Ulan Bator auf. Es ist eine von insgesamt drei Reisen binnen zwei Monaten – ein intensives Programm kurz nach der Darm-OP des 86-Jährigen Anfang Juni. Vielleicht ist das ein Grund für den leeren Terminkalender des Papstes am ersten Besuchstag in der Mongolei. Doch gibt es auch Spekulationen um ein mögliches Treffen mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. an diesem Tag.