Tiefe Krise von verlorenem Vertrauen und mangelnder Glaubwürdigkeit

Bischof Bätzing zu Kirchen-Statistik: "Beharrlich an uns arbeiten"

Veröffentlicht am 01.09.2023 um 13:31 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Mehr Taufen und Trauungen, vor allem aber eine Rekordzahl an Kirchenaustritten: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zieht aus der aktuellen Kirchen-Statistik klare Lehren.

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Zahlen und Fakten für das Jahr 2022 bis ins laufende Jahr – diese Informationen enthält die neue Broschüre "Katholische Kirche in Deutschland". Sie wurde am Freitag von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) veröffentlicht. Mit Blick auf die hohen Austrittszahlen und aktuelle Krisen erklärte der Vorsitzende, Limburgs Bischof Georg Bätzing: "Ehrlich sein und beharrlich an uns arbeiten: Das müssen die Konsequenzen aus der tiefen Krise von verlorenem Vertrauen und mangelnder Glaubwürdigkeit der Kirche sein."

Nach der bereits Ende Juni veröffentlichten Statistik hat die katholische Kirche in der Bundesrepublik im vergangenen Jahr rund 522.652 Mitglieder durch Kirchenaustritt verloren. Damit gehörten ihr Ende 2022 noch 20,9 Millionen Menschen an. Die Arbeitshilfe befasst sich über die aktuellen Zahlen hinaus mit der angespannten Lage von Kirche und Gesellschaft in Deutschland und weltweit. Sie verweist auf christliche Perspektiven – etwa im Hinblick auf Künstliche Intelligenz (KI) oder angesichts dessen, dass durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine verstärkt soziale Fragen in den Blick der Gesellschaft rückten. Das Engagement für notleidende Menschen und die Arbeit der Hilfswerke spielen ebenso eine Rolle wie das Thema "Sexualisierte Gewalt: Prävention, Intervention und Aufarbeitung".

Dank an alle Haupt- und Ehrenamtlichen

Bätzing dankte allen Haupt- und Ehrenamtlichen, die der Kirche ein Gesicht gäben – und appellierte an die Gläubigen, trotz der Krise nicht zu resignieren: "Wir müssen weiter konsequent an der Seite der Menschen stehen." Der Bischof verwies in diesem Zusammenhang auch auf den Synodalen Weg und seine Hoffnung, dass künftig eine neue Kultur erlebbar werde: "Kirche verändert sich, das hat sie immer wieder über die Jahrhunderte getan. Und wir können unseren Teil dazu beitragen und mit Glauben und Gottvertrauen gemeinsam nach Wegen suchen." Die kommenden drei Jahre seien eine "Phase der Umsetzung", schreibt die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles. Sie sei überzeugt, dass sich die Erfahrungen des deutschen Reformprozesses auch die geplante Weltsynode einbringen ließen.

Durch KI sieht der Sozialethiker Andreas Lob-Hüdepohl die Kirche in mehrfacher Hinsicht gefordert. "Kirche muss sich einmischen in die digitale Transformation", fordert er. Entsprechende Anwendungen kämen auch in kirchlichen Krankenhäusern und Pflegeheimen, Kitas und Schulen, Beratung und Seelsorge zum Einsatz. Daher brauche es Fort- und Weiterbildungen. Auch das christliche Menschenbild sei von diesen Entwicklungen betroffen, betont Lob-Hüdepohl: "Segen oder Fluch von KI bemisst sich daran, ob sie die Handlungsfähigkeit des Menschen und damit die Autorschaft für seine Lebensgestaltung erweitern hilft oder aber vermindert und vielleicht sogar verdrängt." Kirche könne ein "Lern- und Lebensort" der menschlichen Freiheit sein – und damit deutlich machen, "dass auch in Zeiten maschineller KI mit der Frohen Botschaft zu rechnen ist". (KNA)