Bischof Overbeck: Kirche muss sich immer wieder reformieren
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat die Notwendigkeit von Reformen in der katholischen Kirche bekräftigt und dabei die Bedeutung der Ökumene unterstrichen. "Ich bin katholisch, weil es auch die Reformation gibt", sagte Overbeck am Montagabend in Essen, "und zwar deswegen, weil die Kirche sich immer wieder reformieren muss." Daher sei es wichtig, die Ökumene zu stärken. Nur gemeinsam könnten die Kirchen auf der Basis gemeinsamer Werte nach außen zeigen, "warum wir Christen sind".
In einer Podiumsdiskussion des Politischen Forums Ruhr zum Thema "Wenn die Glocken nicht mehr läuten. Christliches Abendland ohne Christen – Warum Kirche?" äußerte sich der Essener Bischof zum Bedeutungs- und Akzeptanzverlust der Kirche. Sie befinde sich in einer Situation, "wie wir sie die letzten 200 Jahre noch nicht gehabt haben". Die Menschen lebten in einer säkularen Welt und wählten religiöse Angebote nach ihrem jeweiligen Bedarf, sie suchten sich Spiritualität "fern der Institutionen". Um die Menschen zu erreichen, müsse die Kirche Themen der Freiheit und Gerechtigkeit sowie soziale Themen aufgreifen, riet Overbeck. Er stehe als Essener Bischof für eine "erneuerte Kirche", die deutlich kleiner werde, sagte er in der Diskussion.
Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, sprach sich angesichts der aktuellen Krisen und sinkender Mitgliedszahlen dafür aus, dass die Kirche "ganz viel Mut zur Veränderung" zeigt. Kirche sei kein Selbstzweck, sondern ein "Ermöglichungsraum, damit Menschen von Jesus Christus erfahren können, dass sie Gott erleben können". Deshalb könne sich die evangelische Kirche auch immer wieder verändern und sei nicht statisch, sagte Heinrich. Die Menschen müssten von der Kirche bei den Lebensübergängen des 21. Jahrhunderts stärker unterstützt werden. "Die Menschen erwarten, dass wir ihnen dieses bisschen mehr geben", sagte die Vorsitzende der EKD-Synode.
Vesper kritisiert Behinderung von Kirchenreformen
Stefan Vesper, ehemaliger Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), hob die Notwendigkeit von Veränderungen hervor und verwies auf den Synodalen Weg. In der katholischen Kirche müssten die Machtfrage, die Rolle der Frau und das "Priestersein" überdacht werden, sagte der Vorsitzende der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus. "Aber ich bin der festen Überzeugung, dass Kirche nicht untergehen wird." Zugleich kritisierte Vesper, dass führende Vertreter der Kirche den Reformprozess behinderten. Es sei schade, dass unter den 27 (Erz-)Bistümern in Deutschland die "Gemeinschaft nicht so weit geht, dass man in großen Mehrheiten vorangeht, sondern dass wenige das behindern können".
TV-Moderator Günther Jauch schlug vor, die Kirche solle eine Rolle als "Trostspender" übernehmen. Das sei eine Aufgabe, die nicht an die Politik und den Staat delegiert werden dürfe. Jauch bedauerte, dass in Ostdeutschland die Zahl der Menschen, die einer Kirche angehören, verschwindend gering sei. "Christliche Wurzeln sehe ich da kaum mehr", beklagte der in Potsdam lebende Journalist.
Nach Einschätzung der Religionswissenschaftlerin Regina Laudage-Kleeberg findet die katholische Kirche mittlerweile selbst im inneren Kreis ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer weniger Unterstützung. "Wir vertreiben unsere Leute – und das ist ein Problem", sagte die Autorin des Buches "Obdachlos katholisch", die auf Distanz zur Institution Kirche gegangen ist. In der katholischen Kirche gebe es eine "Top drei der Menschenverachtung", kritisierte Laudage-Kleeberg: eine Benachteiligung von Frauen, eine Diskriminierung von queeren Menschen und einen "katastrophalen Umgang mit sexualisierter Gewalt". (tmg/epd)