Kriterium könne nicht Erhalt des eigenen Wohlstands sein

Papst: Migration keine Notlage, sondern Gegebenheit unserer Zeit

Veröffentlicht am 23.09.2023 um 13:27 Uhr – Lesedauer: 

Marseille ‐ Bei seinem Besuch in Marseille hat Papst Franziskus zu einer menschlichen Asylpolitik aufgerufen. Vor Politikern mahnte er die Integration neu angekommener Menschen in Europa an. Zudem forderte er mehr Einreisemöglichkeiten.

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Papst Franziskus hat Europa angesichts einer neuen Migrationskrise zu Verantwortung und Weitsicht aufgerufen. Migration sei keine Notlage, sondern "eine Gegebenheit unserer Zeit", sagte er am Samstag in einer Rede zum Abschluss des "Mittelmeer-Treffens" in Marseille. Im Publikum saßen unter anderen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, und die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde.

Natürlich gebe es Schwierigkeiten bei Aufnahme, Schutz, Förderung und Integration von Menschen, räumte das katholische Kirchenoberhaupt ein. "Aber das Hauptkriterium kann nicht der Erhalt des eigenen Wohlstands sein, sondern vielmehr die Wahrung der Menschenwürde." Neuankömmlinge dürften nicht als Last, sondern müssten als Geschwister angesehen werden.

Franziskus forderte erneut mehr reguläre Einreisemöglichkeiten für Migranten und warb für eine ausgewogene Aufnahme in Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern. Er sprach von einer "unvermeidlichen Integration", die zwar mühsam sei, aber Zukunftschancen biete. Kritisch äußerte er sich über die Idee einer Assimilation, die "keine Rücksicht auf Unterschiede nimmt und starr in ihren eigenen Paradigmen verharrt". Dies sei gefährlich, weil es Distanzen vergrößere und so letztlich zu Ghettoisierung und Feindseligkeit führe.

Mittelmeer-Treffen als Besuchsanlass

Papst Franziskus sprach sich zudem für die Schaffung einer kirchlichen Mittelmeerkonferenz aus. Eine solche Plattform würde weitere Möglichkeiten des Austauschs bieten und der Region eine größere kirchliche Präsenz verschaffen. Zudem könne eine stärker vernetzte und auf Migrationsfragen spezialisierte Seelsorge hilfreich sein, um Betroffenen besser beizustehen.

Das "Mittelmeer-Treffen" (Rencontres Mediterraneennes) war Anlass für die zweitägige Papstreise nach Marseille, die kein offizieller Staatsbesuch in Frankreich ist. Bei der Konferenz berieten junge Menschen, Kommunalpolitiker und Religionsführer aus den Mittelmeeranrainerstaaten über aktuelle Herausforderungen. Im Fokus stand das Thema Migration.

Am Samstagmorgen hatte der Papst bereits den EU-Politiker Schinas und Vertreter von Hilfsorganisationen zu einem kurzen Austausch getroffen. Anschließend begegnete er im Haus der Missionarinnen der Nächstenliebe Menschen in wirtschaftlich prekärer Lage. Für den weiteren Tagesverlauf standen eine Unterredung mit Staatspräsident Macron sowie ein Gottesdienst im Stadion des Fußballvereins Olympique Marseille auf dem Programm. Am Abend fliegt Franziskus zurück nach Rom. (cph/KNA)