Heilige mit Zweifeln
Bis dahin dauerte es dann noch vier Jahre - und Bonn erhielt neben den beiden Stadtpatronen Cassius und Florentius auch eine Christin zur Schirmherrin. Damit wurde eine der bedeutendsten Frauen in der katholischen Kirche geehrt, die vor 1.000 Jahren starb. Ihr Sterbedatum, der 5. Februar, ist auch ihr Gedenktag.
Der Kanzler hatte Gründe, sich für Adelheid stark zu machen. Sie war erste Äbtissin des Benediktinerklosters von Vilich, wo sie eine Klosterschule gründete. Ihr Herrschaftsgebiet erstreckte sich von der Siegmündung bis nach Rhöndorf, dem inoffiziellen Amtssitz des Kanzlers der "rheinischen Republik". Die Wallfahrt zu dem sogenannten Adelheidbrunnen hatte sich über die Jahrhunderte zu einem Volksfest entwickelt.
Große Ausstrahlung und Tatkraft
Von der Vilicher Gründungsäbtissin hat ihre Schülerin Berta ein farbenfrohes Lebensbild hinterlassen. Adelheid, eine Bewunderin der gebildeten Kaiserin Theophanu aus Byzanz, beaufsichtigte danach nicht nur die Klosterschule, sondern übernahm gelegentlich selber den Unterricht. Dabei verpasste die temperamentvolle Ordensfrau ihren Zöglingen schon einmal einen Klaps. Umgekehrt konnte sie eine Schülerin herzen, wenn sie eine knifflige Frage richtig beantwortete.
Adelheid zeichnete offenbar eine große Ausstrahlung und Tatkraft aus. Kaiser Otto I., mit dem sie mütterlicherseits verwandt war, schätzte sie derart, dass er ihr auch die Leitung des prominenten Kölner Stifts Maria im Kapitol aufbürdete.
"Pützchens Markt" als Folge ihrer Wohltaten
Nach der Überlieferung war Adelheid eine Wohltäterin, die sich um Notleidende kümmerte. Bei einer Hungersnot soll sie Lebensmittel an die Bevölkerung verteilt haben. Zudem soll sie wie der biblische Moses bei einer verheerenden Dürre mit ihrem Äbtissinnenstab eine Quelle aus dem Boden geschlagen haben. Eine Wallfahrt lebte rings um den "Adelheidbronn" auf, der in einer Urkunde 1367 erstmals erwähnt wird. Die Pilgerscharen zogen auch Händler und Gaukler an. Damit begann die Zeitrechnung von "Pützchens Markt", einer Großkirmes. Dem bunten Trubel gehen auch heute noch eine Wallfahrtswoche und Brunnenweihe zu Ehren der Stifterin voran.
Nach Adelheidis Tod pilgerten immer mehr Menschen an ihr Grab; in der Volksfrömmigkeit stand sie im Ruf, Augenleiden zu heilen. Die Klosterkirche wurde zu einer dreischiffigen Wallfahrtskirche erweitert - mit einer Ringkrypta unter der Ostapsis, wo die Pilger den Sarkophag der Heiligen berühren konnten. Als bei Plünderungen ihre Reliquien verloren gingen, verlagerte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg der Kult von Vilich an die Adelheidquelle in das benachbarte Pützchen. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort für Brunnen (puteus) her.
Resolute Frau von Zweifeln geplagt
Adelheids Sterben am 5. Februar 1015 war nicht einfach, wie ihre Mitschwester Berta berichtet. Sie habe die Nacht "in Todesangst" durchwacht. Die resolute Frau hatten in ihrem Leben Zweifel geplagt, "ob sie wohl die Ruhe im sehnlichst erwarteten Hafen" erreiche.
Deshalb wollte sie auch nicht in der Klosterkirche beigesetzt werden, sondern etwas abseits nur im Kreuzgang. Bischof Heribert von Köln, der Adelheid als Beraterin herangezogen hatte, sah Adelheid ganz anders - und schon "frohlockend" im Paradies. Sein heutiger Nachfolger, Kardinal Rainer Maria Woelki, will sie am Donnerstagabend in einem feierlichen Gottesdienst in der Pfarrkirche Sankt Peter in Bonn-Vilich ehren.
Von Anselm Verbeek (KNA)