Schweizer Generalvikar tritt nach Missbrauchsvorwürfen zurück
Der Generalvikar der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg, Bernard Sonney, ist nach Missbrauchsvorwürfen zurückgetreten. Wie "kath.ch" am Freitag berichtet, hat Sonney bereits am Dienstag die Gremien des Schweizer Bistums informiert. "Zu meiner grossen Überraschung wurden Vorwürfe gegen mich erhoben.Ich lege daher mein Amt per sofort nieder", so Sonney. Der ehemalige Generalvikar habe die Bistumsleitung Anfang der Woche selbst informiert und zugleich seinen Rücktritt eingereicht, um die laufende Untersuchung nicht zu behindern. Der Rücktritt sei umgehend angenommen worden, die Strafverfolgungsbehörden informiert, teilte die Interimsleitung des Bistums bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz mit.
Die Geschäfte des Bistums werden derzeit von einem Interimsrat geführt, da Bischof Charles Morerod sich immer noch von einer Operation erholt. Der Rat besteht aus der Präventionsbeauftragten, dem Verwaltungsleiter, dem Personalchef und der Interimskanzlerin. Bei der Pressekonferenz sagte die Interimskanzlerin Laure-Christine Grandjean, dass Morerod schon vor einem Jahr von einer Person zu dem Fall kontaktiert wurde. In dem Brief sei aber ohne Namen von einem Bischofsvikar die Rede gewesen. Daher habe man Sonney selbst nicht identifizieren können.
Ebenfalls diese Woche wurde ein Priester aus der Region Neuenburg suspendiert. Gegen den Priester seien im Ausland Missbrauchsvorwürfe gemacht worden. Dort würde auch gegen ihn ermittelt. Das Bistum sei vom Ortsbischof Anfang dieser Woche informiert worden und habe den Priester sofort suspendiert.
Bischof und Weihbischof unter Vertuschungsverdacht
Sonney wurde im Mai 2021 von Bischof Charles Morerod zum Generalvikar ernannt und war seit September 2021 im Amt. Das Amt übte er in Teilzeit aus. Neben Sonney ist auch Weihbischof Alain de Raemy zum Generalvikar bestellt. In der Regel sieht das Kirchenrecht vor, dass ein Bischof nur einen Generalvikar ernennt. Bei Vorliegen besonderer Umstände können aber auch mehrere Generalvikare bestellt werden.
Morerod gehört zu den Schweizer Bischöfen, gegen die im September Vertuschungsvorwürfe erhoben wurden. Die Vorwürfe wurden durch die Schweizer Zeitung "SonntagsBlick" öffentlich gemacht. Im Auftrag des Vatikans ermittelt der Churer Bischof Joseph Bonnemain gegen seine Mitbrüder. Der Lausanner Bischof soll 2011 von einem Missbrauchsfall erfahren haben. Trotzdem habe Morerod den Priester später befördert und ihn erst 2020 nach Presseenthüllungen suspendiert. Zu den Bischöfen unter Verdacht gehört auch Morerods Weihbischof und Generalvikar de Raemy. Der Schweizer Jugendbischof soll Mitwisser eines Missbrauchsfalls gewesen sein. De Raemy widersprach dem schon 2020. Er habe lediglich erfahren, dass der Täter eine homosexuelle Beziehung mit einem Erwachsenen gehabt habe.
Mitte September wurde in Zürich eine Studie über den sexuellen Missbrauch in der Kirche der Schweiz vorgestellt. Forschende identifizierten dabei 1.002 Fälle, 510 Beschuldigte und 921 Betroffene. Dies sei allerdings wohl nur "die Spitze des Eisbergs". (fxn)
29. September 2023, 12.15 Uhr: Ergänzt um Details von der Pressekonferenz.