UN-Menschenrechtskommissar warnt vor steigender Religionsfeindlichkeit
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Volker Türk warnt vor steigender Religionsfeindlichkeit. Das friedliche Zusammenleben werde zunehmend durch spaltende Worte und Taten gefährdet, sagte Türk am Donnerstag bei einer Veranstaltung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen in Genf. Religiöser Hass werde durch mehrere Faktoren angetrieben: "Politiker und Regierungsvertreter, die eine Politik fördern, die spaltet, polarisiert und abweichende Meinungen unterdrückt, eine steigende Flut von Populismus, die durch eine gefährliche Identitätspolitik gekennzeichnet ist, die von Nationalismus und Angstmacherei lebt, oder durch Bildungssysteme, die es versäumen, ihren Schülern Respekt, Toleranz und Verständnis beizubringen", so Türk. "Die Auswirkungen von religiösem Hass und Diskriminierung auf die Menschenrechte sind eindeutig."
Für eine Überwindung von religiösem Hass brauche es einen neuen Gesellschaftsvertrag, der auf Vertrauen und Respekt gründe, und in dem alle, unabhängig von ihrer Religion, sich am Dialog beteiligen können. In Gesellschaften, die Toleranz, Gleichheit, Offenheit und Vielfalt förderten, in denen die staatlichen Institutionen gut funktionierten und Menschenrechte im Zentrum stünden und in denen Vertrauen, Mitgefühl und Respekt zwischen Religionen herrsche, sei es viel unwahrscheinlicher, dass provokative Reden oder vorsätzliche Publicity-Aktionen zu Hass und Gewalt führen.
Pakistanische Initiative gegen Koranverbrennungen stieß auf Bedenken
Türk äußerte sich bei einer Veranstaltung des Menschenrechtsrats, die auf eine Resolution des Gremiums aus dem Juni zurückgeht. Der Rat hatte in seiner Resolution 53/1 zur "Bekämpfung von religiösem Hass, der zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt anstiftet" auf Koranverbrennungen in Schweden reagiert. Die Resolution forderte die Staaten auf, Gesetze und Strategien zu verabschieden, um Handlungen und das Befürworten von religiösem Hass und Aufstachelung zu Diskriminierung und Gewalt zu verhindern und strafrechtlich zu verfolgen. Der UN-Hochkommissar wurde aufgefordert, sich gegen Hass auf Religion und insbesondere das Verbrennen heiliger Bücher auszusprechen.
Für die von Pakistan initiierte Resolution sprachen sich unter anderem die Ratsmitglieder China, Kuba, Qatar und Vietnam aus. Gegen die Resolution waren unter anderem Belgien, Tschechien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Großbritannien und die USA. Türk hatte angesichts der Resolution davor gewarnt, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Es dürfe nicht darum gehen, religiöse Glaubenssätze jeglicher Kritik zu entziehen. Im Namen der EU bezeichnete es der Botschafter Belgiens als schwierig, die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Aufstachelung zu Hass zu ziehen. Das erfordere eine sorgfältige Balance, die mit dem Text der Resolution nicht gegeben sei. "Vielmehr wird versucht, das internationale Menschenrecht grundlegend zu ändern, indem die strengen Bedingungen, die immer dann gelten, wenn Staaten das Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken wollen, abgeschafft werden", so der Botschafter.
Im Juli hatte Papst Franziskus die Koranverbrennungen in Schweden scharf verurteilt. Jedes Buch, das als heilig erachtet werde, müsse aus Respekt vor den Gläubigen respektiert werden, so Franziskus. Meinungsfreiheit dürfe niemals als Vorwand benutzt werden, um andere zu verachten. Die Expertin für Menschenrechte des Hilfswerks Missio, Katja Voges, befürchtete im Interview mit katholisch.de, dass Koranverbrennungen im Westen die Lage der Christen in islamischen Ländern noch schwieriger machen würden. (fxn)