König Richard III. findet nach über 500 Jahren seine Ruhe

Nach Leicester, mein Bester

Veröffentlicht am 26.03.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Großbritannien

London ‐ Ein Pferd! Mein Königreich für ein Pferd!" So soll König Richard III. am 22. August 1485 auf dem Schlachtfeld von Bosworth ausgerufen haben. Zumindest wenn es nach William Shakespeare geht. Doch der Dramatiker war bei der Abfassung ganz von der Ideologie der damals herrschenden Tudor-Dynastie eingenommen - die damals als Siegerin aus der Schlacht hervorging.

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Tatsächlich schlug sich der letzte englische König aus dem Haus Plantagenet sehr wacker, bis ihn die Axt eines Gegners niederstreckte. Je nach Sichtweise war das aber noch gar nicht das Schlimmste.

Denn um Richards III. Herrschaftsanspruch posthum abzuwerten und den strittigen eigenen zu untermauern, ließ Heinrich Tudor, der noch auf dem Schlachtfeld als Heinrich VII. zum König ausgerufen wurde, den nackten und entstellten Leichnam seines verhassten Vorgängers tagelang öffentlich zur Schau stellen. Richard war der erste englische König seit 1066, der im Kampf um seine Krone fiel - und der bislang letzte überhaupt. Am Ende wurde er in der Kirche der Greyfriars, also der Franziskaner, ohne königliche Würden beigesetzt.

Dass dies nun 530 Jahre später in der anglikanischen Kathedrale im nahe gelegenen Leicester nachgeholt werden kann, verdankt Richard III. der Drehbuchautorin Philippa Langley. Im Stile eines Heinrich Schliemann hatte sie sich in den Kopf gesetzt, die verlorenen sterblichen Überreste des Königs wiederzuentdecken. Auf "eins zu eine Million" bezifferte dafür ein britischer Archäologe die Chancen. Doch Langley hatte Erfolg. Anhand historischer Karten startete sie 2012 eine Grabung auf einem Parkplatz - und schon nach wenigen Tagen waren Kirche und König - fortan auch despektierlich als "Parkplatzkönig" bezeichnet - ausgemacht.

Der frühere Öl-Manager und Finanzexperte von Elf Aquitaine, Justin Welby, ist Erzbischof von Canterbury und damit Primas der anglikanischen Staatskirche von England.
Bild: ©KNA

Der frühere Öl-Manager und Finanzexperte von Elf Aquitaine, Justin Welby, ist Erzbischof von Canterbury und damit Primas der anglikanischen Staatskirche von England.

Beisetzung nach mittelalterlichem Ritus

Es ist ein hübsches Detail der britischen Geschichte, dass der mit Holz umkleidete Zinksarg, in dem der König am vergangenen Sonntag in einer Trauerprozession nach Leicester überführt wurde, von einem kanadischen Schreiner angefertigt wurde. Nicht irgendeinem kanadischen Schreiner natürlich, sondern jenem Nachfahren von Richards Schwester, mit dessen Hilfe der DNA-Test zur einwandfreien Identifizierung des Königs gelang.

Die Beisetzung am Donnerstag findet nach mittelalterlichem Ritus statt, wie der deutsche Domkapitular von Leicester Johannes Arens berichtet. Richard III. starb als Katholik. Darum und auch wegen seiner umstrittenen Rolle in der englischen Geschichte gab es nicht wenig Zank um die Beisetzung in der anglikanischen Kathedrale. Immerhin: Steine der zerstörten Franziskanerkirche wurden 1538 zur Reparatur der späteren anglikanischen Bischofskirche verwendet. Auch die Gestaltung des Grabmals - historisierend oder klassisch, schlicht oder teuer - sorgte im Vorfeld für Missstimmungen.

Erzbischof von Canterbury wird Überreste segnen

Am Ende geht es nun aber vor allem darum, einer bedeutenden Persönlichkeit der Geschichte ein Stück ihrer Ehre zurückzugeben. Vertreter von Politik, Kirchen und Gesellschaft in England haben sich in den vergangenen Tagen an diversen Gedenkveranstaltungen beteiligt. Zehntausende Engländer säumten die Straßen, um einen Blick auf den Leichenzug werfen zu können. Medienberichten zufolge gab es 14.000 Bewerbungen für die nur rund 700 Plätze in der Kathedrale.

Die Queen, seit 62 Jahren legitim auf dem englischen Thron, wird am Donnerstag ebenso wenig anwesend sein wie Premierminister David Cameron. Denn es handelt sich - bei allem Aufwand - nicht um ein Staatsbegräbnis. Sie werden aber Delegaten schicken, wenn der anglikanische Primas, Erzbischof Justin Welby von Canterbury, Richards sterbliche Überreste segnet.

Bereits am Montagabend feierte der katholische Erzbischof von Westminster, Kardinal Vincent Nichols, ein Requiem in der Dominikanerkirche Holy Cross in Leicester. In seiner viel beachteten Predigt rückte er die Negativ-Stereotypen über Richard III. zurecht. Sein Ruf als Bösewicht sei durch die historischen Darstellungen für immer geschwärzt. Das zeitgenössische Urteil über historische Figuren sei aber oft "unbeständig", erinnerte Nichols: "Heilige werden Sünder, und Sünder werden zu Heiligen stilisiert." Und die letzte Ehre kann einem noch nach einem halben Jahrtausend zuteilwerden.

Von Alexander Brüggemann (KNA)

Aktuelles

Die sterblichen Überreste von König Richard III. (1483-1485) sind am Donnerstag in leicester beigesetzt worden. Den Gottesdienst in der Kathedrale der südenglischen Stadt leitete Anglikaner-Primas Justin Welby, wie der britische Sender BBC meldete. Zu den adeligen Teilnehmern der Zeremonie gehört die Schwiegertochter der britischen Königin und Ehefrau von Prinz Edwards, Sophie Countess of Wessex. Schauspieler Benedict Cumberbatch, ein entfernter Nachfahre des Königs, trug während der Feier ein Gedicht der schottischen Lyrikerin Carol Ann Duffy vortragen. Heute sind wir zusammengekommen, um diesem König und seinen sterblichen Überresten die Ehre zu erweisen und die Würde zurückzugeben, die ihm bei seinem Tod verwehrt wurden", sagte der Bischof von Leicester, Tim Stevens. Anschließend wurde die Kathedrale geschlossen, um den Steinsarkophag die vorgesehene Position zu bringen. Am Freitagmittag wird das Gotteshaus wieder für Besucher geöffnet. Abends findet rund um die Kathedrale ein Fest mit abschließendem Feuerwerk statt. "(bod/KNA)

Weitere Informationen

Richard III. (1483-1485) war der letzte König der Dynastie der Plantagenets, die England von 1154 bis 1399 und bis 1485 in den Nebenlinien Lancaster und York regierten. Mit Richards Tod in der Schlacht von Bosworth bei Leicester endeten die sogenannten Rosenkriege um die Königsherrschaft und begann die Regentschaft des Hauses Tudor. Die Tudors sorgten für die bis heute sehr schlechte historische Meinung über Richard III. Allerdings mutmaßlich mit Recht wird dieser für die Ermordung seiner Neffen Edward und Richard von Shrewsbury verantwortlich gemacht, um seine Herrschaft zu sichern. Maßgeblich geprägt wird das Urteil der Nachwelt durch das Drama "Richard III." von William Shakespeare. Der tudortreue Autor zeichnet das Bild eines buckeligen und verschlagenen Bösewichts, der vor keinem Mittel zurückschreckte. Tatsächlich scheint es eher, als ob im stets gewaltbereiten Klima der Rosenkriege "seine Feinde ihm nicht den Luxus ließen, sich für Loyalität und Mäßigung zu entscheiden", so der britische Historiker Wilkinson. Zu Richards historischen Verdiensten gehört unter anderem sein Bemühen um eine Verbesserung des englischen Rechtssystems. (KNA)