Nach der Vergewaltigung einer Ordensfrau demonstrieren die Christen in Indien

Unter Schock

Veröffentlicht am 17.03.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Indien

Neu Delhi ‐ Der indische Premierminister Narendra Modi hat sich betroffen über die Vergewaltigung einer katholischen Ordensfrau in Westbengalen sowie die Verwüstung einer protestantischen Kirche im Bundesstaat Haryana geäußert. Modi habe die "umgehende Vorlage eines Berichts über die Fakten und die getroffenen Maßnahmen" angefordert, heißt es in einer am Dienstag via Twitter veröffentlichten Erklärung des Premierministers.

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Sechs Männer hatten am Samstag ein Kloster in Ranaghat überfallen. Vier von ihnen sollen die Oberin vergewaltigt haben, nachdem sie sich den Dieben in den Weg stellen wollte, wie die Polizei von Kolkata (Kalkutta) nach Sichtung der Aufzeichnung einer Überwachungskamera mitteilte. Am Montag verwüsteten radikale Hindus zudem eine Kirche der protestantischen "Believers Church" in Haryana.

"Wir möchten unseren Horror und Schock über diesen barbarischen Akt zum Ausdruck bringen, der sich in unserem toleranten und inklusiven Staat Westbengalen ereignet hat", erklärte Erzbischof Thomas D'Souza von Kalkutta am Montag auf der Internetseite der Erzdiözese. Zugleich lobte er eine "schnelle und zügige" Reaktion der Behörden auf den Fall. Die etwa 70 Jahre alte Ordensfrau wurde nach dem Verbrechen in ein Krankenhaus eingeliefert. Ihr gehe es langsam physisch besser, doch sei sie schwer traumatisiert, sagte ein Arzt des behandelnden Krankenhauses.

Schweigemärsche, Proteste und Mahnwachen

Nach der Vergewaltigung führten Priester am Montag allein in Ranaghat im Bundesstaat Westbengalen rund 4.000 Menschen bei einem Schweigemarschdurch die Stadt. Danach seien Kerzen für das Opfer angezündet worden, erklärten Kirchenvertreter. Auch in der Landeshauptstadt Kolkata sowie in der Bundeshauptstadt Neu Delhi gab es Proteste und Mahnwachen. Die Demonstranten hielten Plakate mit Aufschriften wie "Schande", "Echte Männer vergewaltigen nicht" und "Wir fordern Gerechtigkeit" in die Kameras.

Seit einer Gruppenvergewaltigung einer Studentin in Neu Delhi vor zweieinhalb Jahren steht Gewalt gegen Frauen in Indien im Fokus der Öffentlichkeit. Wie nie zuvor wird über Sexualverbrechen diskutiert. Mittlerweile trauen sich immer mehr Frauen, nach einer Tat zur Polizei zu gehen.

Mehrer Verdächtige von der Polizei festgesetzt

Die Polizei veröffentlichte Fotos von vier der sechs mutmaßlichen Täter, die von Überwachungskameras aufgenommen wurden. Sie versprach umgerechnet rund 1.500 Euro für Hinweise, die zur Festnahme der Täter führen. Am Sonntag wurden laut Behördenangaben fünf Männer vorübergehend festgenommen. Mittlerweile habe die Polizei insgesamt acht bis zehn Männer festgesetzt, um sie zu der Tat zu befragen, berichtete die indische Agentur IANS am Montag.

Premierminister Modi hatte noch kürzlich die Bedeutung der Religionsfreiheit betont. "Meine Regierung wird nicht zulassen, dass religiöse Gruppen, gleich ob sie zur Mehrheit oder Minderheit gehören, zu Hass gegen andere Gruppen aufrufen. Fanatismus wird nicht toleriert", so der Politiker der hindu-nationalistischen Indischen Volkspartei (BJP). Seit seinem Amtsantritt im Mai 2014 hat die Zahl der Anschläge auf Kirchen und Ordensleute zugenommen. (bod/KNA/dpa)