Manche Portale sind bereits geöffnet

Missstände melden: Bistümer schaffen Anlaufstellen für Whistleblower

Veröffentlicht am 21.10.2023 um 12:10 Uhr – Von Roland Juchem (KNA) – Lesedauer: 

Aachen/Osnabrück/Hannover ‐ Seit Juli ist die europäische Whistleblowerschutz-Richtlinie in Deutschland nationales Gesetz. Damit sind auch Kirchen verpflichtet, das Hinweisgeberschutzgesetz umzusetzen. Nach und nach richten Diözesen und Landeskirchen entsprechende Portale ein.

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Schon vor knapp zwei Jahren hätte die deutsche Bundesregierung liefern sollen. Laut EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern sollten die Mitgliedsstaaten diese bis Mitte Dezember 2021 in nationales Recht umsetzen. Unter anderem weil der Bundesrat dem Entwurf des Bundestags nicht zustimmte, verzögerte sich das Projekt.

Im Februar dieses Jahres verklagte die Europäische Kommission sogar Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof. Wie in sieben weiteren EU-Staaten sei hierzulande die Richtlinie nicht vollständig umgesetzt. Bemängelt wurden ungeeignete Kanäle, über die Hinweisgeber Verstöße melden können. "Damit soll ein zuverlässiger Schutz vor Repressalien etabliert werden", hieß es.

Seit dem 2. Juli ist das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kraft. Damit sollen Personen geschützt werden, die Hinweise geben auf mögliche Rechtsverstöße, Schäden und Gefahren in Unternehmen, Institutionen oder anderen Organisationen. Es geht unter anderem um Probleme wie Korruption, Gefährdung der Arbeitssicherheit, mangelhafte Produktqualität oder Umweltverschmutzung. Dafür legt das Gesetz einheitliche Standards zur Meldung vor; externe Stellen bearbeiten auch anonym eingehende Hinweise.

Beschäftigte nehmen Missstände als erste wahr

Beschäftigte, so heißt es, nähmen Missstände oftmals als erste wahr. Durch ihre Hinweise könnten sie dafür sorgen, dass Verstöße und Probleme aufgedeckt, untersucht, verfolgt und unterbunden werden. So übernähmen sie Verantwortung für die Gesellschaft und verdienten daher Schutz.

Das gilt auch für die Kirchen in Deutschland. Kirchliche Körperschaften öffentlichen Rechts wie Gemeinden, Gemeindeverbände und Einrichtungen wie GmbHs, Verbände und Vereinigungen mit mehr als 50 Beschäftigten sind verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Unter den ersten Diözesen, die dies umgesetzt haben, sind Aachen und Osnabrück.

„Offenheit, Transparenz und die Einhaltung von Recht und Gesetz ist auf allen Ebenen des Bistums Aachen die Arbeitsgrundlage.“

—  Zitat: Bistum Aachen

"Offenheit, Transparenz und die Einhaltung von Recht und Gesetz ist auf allen Ebenen des Bistums Aachen die Arbeitsgrundlage", heißt es in einer Mitteilung der Diözese von vergangener Woche. Bistum, Kirchengemeinden und das Domkapitel "ermutigen daher ihre Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen, Rechtsverstöße und Fehlverhalten innerhalb der Organisation zu melden und dadurch mitzuhelfen, Schäden zu vermeiden".

Portal bereits in Betrieb

Das dafür vorgesehene Portal ist seit Anfang Oktober in Betrieb. Es sei nicht explizit für Hinweise auf mutmaßlichen Missbrauch gedacht. Dafür gibt es schon länger eigene Ansprechpersonen. Aber möglich sei das auf jeden Fall, so eine Bistumssprecherin auf Nachfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Wie sie weiter erläuterte, nimmt eine externe Kanzlei die Hinweise entgegen, sortiert und bewertet diese und leitet sie an zuständige Stellen weiter. Meldungen können namentlich oder anonym erfolgen. Mit einer ID, die bei der Abgabe erzeugt wird, soll sich der Bearbeitungsstatus weiterhin verfolgen lassen.

Bild: ©katholisch.de/cph

Im Bistum Osnabrück ist eine Meldestelle seit zwei Monaten aktiv.

Im Bistum Osnabrück ist eine solche Stelle seit zwei Monaten aktiv. Nachrichten gehen nach Aussage eines Sprechers je nach Thema an verschiedene Adressaten. Um Arbeitsschutz kümmere sich in der Bistumsverwaltung das Referat Sicherheit und Gesundheit. Mögliche Meldungen zu Korruption und finanziellen Unregelmäßigkeiten erhält die Stabsstelle Revision. "Alle, die sich über das Portal melden, erhalten innerhalb von spätestens sieben Tagen eine Eingangsbestätigung und spätestens nach drei Monaten eine Rückmeldung zum Ermittlungsstand", so die Zusage des Bistums.

Bußgeld möglich

Aus anderen (Erz-)Diözesen wie Hamburg, Köln, Paderborn und Münster heißt es auf KNA-Nachfrage, die entsprechenden Stellen und Portale würden spätestens bis Ende dieses Jahres freigeschaltet. Wer keine solche Stelle einrichtet, kann ab Dezember mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro belegt werden.

Die evangelische Kirche richtet derzeit eine zentrale Meldestelle bei der EKD ein, der sich die Landeskirchen anschließen können. Die Stelle werde zum Dezember 2023 online gehen, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Welche Gliedkirchen dies tun, werde aktuell geklärt. Landeskirchen, die sich nicht anschließen, müssen eine eigene Stelle einrichten.

Die zentrale Meldestelle soll allen Beschäftigten der angeschlossenen Gliedkirchen sowie deren zugeordneten Einrichtungen offenstehen. Alle Hinweise würden zentral bei der EKD eingehen und dort bearbeitet, so der Sprecher.

Von Roland Juchem (KNA)