EKD-Ratsvorsitzende weist Vorwürfe zu Missbrauchsverdacht zurück
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, verwahrt sich gegen Vorwürfe im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Missbrauchsfall in ihrem früheren Arbeitsumfeld. Die durch einen Zeitungsbericht bekannt gewordenen "Andeutungen" und "Spekulationen" weise sie mit Nachdruck zurück, sagte Kurschus am Dienstagabend vor der EKD-Synode in Ulm. Sie beteuerte erneut, erst seit Jahresanfang durch eine Anzeige von dem Fall zu wissen. "Vorher hatte ich keine Kenntnis von Taten sexualisierter Gewalt durch diese Person", sagte sie.
Vor wenigen Tagen waren Missbrauchsvorwürfe gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Evangelischen Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein öffentlich geworden. Die Staatsanwaltschaft Siegen ermittelt, sieht aber bislang keine strafrechtliche Relevanz des Falles, der viele Jahre zurückliege. Kurschus war von 2005 bis 2012 Superintendentin des Kirchenkreises Siegen, der zum 1. Januar dieses Jahres im Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein aufgegangen war. Wie die "Siegener Zeitung" am Dienstag online berichtete, liegt ihr die Aussage eines Mannes vor, der bereits Ende der 1990er-Jahre kirchliche Amtsträger in Siegen über die Vorwürfe gegen den Kirchenmitarbeiter informiert haben will. Eine Gesprächspartnerin sei Annette Kurschus gewesen, zu der Zeit Gemeindepfarrerin in Siegen.
"Ich bin wütend, ich bin sehr enttäuscht"
Kurschus hatte am Dienstag bereits schriftlich erklärt, dass in Gesprächen vor vielen Jahren zwar die sexuelle Orientierung eines inzwischen des Missbrauchs beschuldigten Kirchenmitarbeiters, "aber zu keiner Zeit der Tatbestand sexualisierter Gewalt thematisiert worden" sei. Kurschus sagte vor der Synode, sie kenne die Person jahrzehntelang und "sehr gut". "Jedenfalls dachte ich das", sagte sie. Nun erfahre sie von einem "abgründigen Gesicht". "Ich bin wütend, ich bin sehr enttäuscht", sagte sie. Weitere Details zu ihrem Verhältnis zu der beschuldigten Person nannte sie nicht, mit der Begründung, dass sie keine Angaben machen dürfe, die die Person identifizieren könnten.
Kurschus betonte, der Fall müsse extern und unabhängig aufgeklärt werden, unabhängig davon, ob die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen einstelle oder nicht. "Ich meine das sehr ernst mit dieser Chefinnensache", sagte sie unter Anspielung auf diese Formulierung nach ihrer Wahl zur obersten Repräsentantin der deutschen Protestanten vor zwei Jahren. (epd)