Papst und Parolin positionieren sich gegen Ideen des Synodalen Wegs

Neueste Schreiben: Vatikan will im Reformdialog rote Linien markieren

Veröffentlicht am 25.11.2023 um 00:01 Uhr – Von Ludwig Ring-Eifel (KNA) – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Erst Franziskus, dann der Kardinalstaatssekretär: Immer neue Schreiben aus Rom scheinen den Konflikt zwischen dem Vatikan und den Verfechtern des Synodalen Wegs zu befeuern. Doch bislang geht es eher um rote Linien als um ein Ende des Dialogs.

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Abermals ist ein Text veröffentlicht worden, in dem der Vatikan sich klar gegen zentrale Reformideen des Synodalen Wegs in Deutschland stellt. Erst am Dienstag hatte die Tageszeitung "Welt" einen Brief von Papst Franziskus präsentiert, in dem er die Gründung eines gemischten kirchlichen Leitungsgremiums aus Laien und Bischöfen ("Synodaler Ausschuss") schroff ablehnte. Drei Tage später folgte die Veröffentlichung eines Schreibens von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin an die deutschen Bischöfe. Es handelt sich um eine offizielle "Note" vom 23. Oktober.

In dem Schreiben stellt der zweitmächtigste Mann im Vatikan fest, dass zwei Reformvorschläge des Synodalen Wegs gegen unverhandelbare kirchliche Lehren verstoßen. Der eine betrifft das Verbot der Frauenpriesterweihe, der andere die kirchliche Lehre über die Sündhaftigkeit homosexueller Handlungen. Zu beiden hatte die Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt den Papst gebeten, die bisherigen kirchlichen Regeln und Lehren zu überprüfen.

Reden über Fragen würde Tür öffnen

Aus Parolins Schreiben tritt die Furcht hervor, die Themen könnten offiziell Gegenstand der Gespräche zwischen Rom und den deutschen Bischöfen werden. Schon das wäre wohl ein gefährliches Zugeständnis. Denn aus vatikanischer Sicht öffnet bereits das Reden über eine Frage, die für unverhandelbar erklärt wurde, die Tür zu möglichen Veränderungen. Und das will zumindest Parolin unbedingt vermeiden.

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin spricht vor der Synode der ukrainisch-katholischen Kirche
Bild: ©UGCC

In seinem Brief an die deutschen Bischöfe stellt Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin fest, dass zwei Reformvorschläge des Synodalen Wegs gegen unverhandelbare kirchliche Lehren verstoßen.

Dass es deutsch-vatikanische Spitzengespräche überhaupt gibt, war nur wenigen bekannt. Das erste fand sehr diskret am 26. Juli im Vatikan statt. Dabei wurde erstmals das Format "fünf zu fünf" angewandt: Neben Parolin und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, trafen die Leiter von vier vatikanischen Spitzenbehörden und die Leiter der entsprechenden Kommissionen der Bischofskonferenz aufeinander. Das nächste Treffen verlief ebenfalls diskret gegen Ende der Welt-Bischofssynode im Oktober  – in jener Woche, aus der auch das jetzt publik gewordene Schreiben datiert. Und die "Tagespost" spricht von drei weiteren geplanten Treffen im Frühjahr 2024.

Zur Einordnung der Texte ist das kirchenpolitische Umfeld wichtig, aber auch die Autorenschaft. So fällt auf, dass sie in einem Moment durchgestochen werden, in dem der Papst vom rechten Rand der Kirche unter Druck steht. Die unbarmherzig klare Kante, die er vor zwei Wochen gegenüber dem extrem konservativen texanischen Bischof Joseph Strickland (65) zeigte, wirkt bis heute nach.

Kritik "von rechts" im Blick?

Dass er einen "treuen Diener der Kirche", der aus Sicht seiner Anhänger stets die reine Lehre vertrat, einfach entlassen habe, wird dem Papst von dieser Seite erbittert zum Vorwurf gemacht. Zugleich schaue Franziskus tatenlos zu, wie liberale deutsche Bischöfe die Lehren der Kirche in Frage stellten. Diese Kritik "von rechts" dürfte der Vatikan mit im Blick haben, wenn er nun dafür sorgt, dass auch seine Warnsignale an die Reformfraktion in Deutschland bekannt werden.

Dabei zeigen sich auch Nuancen zwischen den Akteuren in Rom. Parolin ist der letzte aus der Phalanx der drei Kurienkardinäle, die im November 2022 beim denkwürdigen Treffen der vatikanischen Behördenchefs mit den deutschen Bischöfen in Rom verkündeten, wo aus ihrer Sicht die roten Linien liegen. Seither hat sich personell einiges verändert, und auch inhaltlich gibt es Bewegungen.

Víctor Manuel Fernández
Bild: ©KNA/Cristian Gennari/Romano Siciliani

Kardinal Víctor Manuel Fernández, neuer Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, setzte zuletzt hörbar andere Akzente.

Das hat nicht nur mit der Weltsynode im Oktober in Rom zu tun, die neue Teilnehmer und eine offenere Debattenkultur mit sich brachte. Auch die Neubesetzung im Amt des obersten Glaubenshüters hat etwas verändert. Kardinal Victor Fernandez hat drei Wochen vor Parolins Note einen hörbar anderen Akzent gesetzt.

Am 2. Oktober veröffentlichte er seine (vom Papst genehmigten) Antworten auf Anfragen von konservativen Kardinälen zu strittigen theologischen Fragen, darunter war auch die Frauenweihe. Zwar wiederholte der Präfekt des Glaubensdikasteriums die 1994 festgezurrte Position, dass die nicht erlaubt sei.

Nicht endgültig verbaut?

Doch zur Frage, wie verbindlich und endgültig diese Entscheidung sei, schrieb er: "Erkennen wir an, dass sich bislang keine klare und verbindliche Lehre zu der Frage hinreichend entwickelt hat, die klärt, was genau das Wesen einer 'definitiven Erklärung' ist. Niemand kann ihr öffentlich widersprechen, und doch kann sie Gegenstand einer Überprüfung sein, so wie im Fall der Gültigkeit der anglikanischen Weihen." Mit diesem historischen Vergleich machte Fernandez deutlich, dass die theologische Debatte um die Frauenweihe eben doch nicht endgültig verbaut ist.

Solche theologischen Feinheiten liegen dem Kardinalstaatssekretär, der eher in kirchenrechtlichen und -politischen Kategorien denkt, ferner als dem neuen Chefdogmatiker. Bei den kommenden Spitzengesprächen mit den deutschen Bischöfen sind Parolin und Fernandez daher auf vatikanischer Seite die entscheidenden Figuren in einer Partie, die noch lange nicht zu Ende ist.

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)