Vatikanisches Lächeln zu päpstlichem Husten
Lächelnd sitzt Vatikansprecher Matteo Bruni an seinem Pult. Wie immer. Der charmante Halb-Engländer macht gute Miene zum verwirrenden Spiel der Kommunikation rund um die päpstliche Gesundheit. Noch am Dienstagmittag gab er das gewohnte Briefing für Journalisten, die mit dem Papst nach Dubai reisen sollen. Als erstes Kirchenoberhaupt wollte Franziskus dort vor der Weltklimakonferenz eine Rede halten.
Die Sache hat nur einen Haken: Der Papst kann im Moment kaum sprechen. Bekannt ist das spätestens seit Sonntag. Das kurze Mittagsgebet murmelte Franziskus heiser in ein Mikrofon; die Ansprache und Grußworte davor und im Anschluss überließ er einem Mitarbeiter. Das sogenannte Angelus-Gebet wurde aus der Kapelle des päpstlichen Wohnsitzes per Video übertragen, nicht wie üblich am Fenster des Apostolischen Palastes gehalten. Gut sichtbar war eine Infusions-Kanüle an der rechten Hand des Papstes.
Vatikan bemüht sich um Normalität
Am Samstag sprach der Vatikan noch von einer leichten Grippe; am Montag von einer Infektion in der Lunge. Eine echte Lungenentzündung habe man jedoch mit einer CT-Untersuchung ausschließen können, hieß es vom Presseamt. Die Kanüle habe der Behandlung mit Antibiotika gedient.
Zugleich bemühte man sich um Normalität. Einige Termine fanden nicht statt, ein überschaubares Audienzprogramm blieb bestehen. Dabei versuchte der Vatikan über seine eigenen Medien das Bild eines starken und zügig genesenden Papstes zu verbreiten. Wurde der Vatican-News-Artikel zum Besuch des zyprischen Präsidenten am letzten Freitag mit einem Foto versehen, zeigten am Montag gleich drei Bilder den vermeintlich fitten Franziskus mit Paraguays Staatsoberhaupt Santiago Pena. Der Kanülen-Fauxpas wiederholte sich nicht und die spanischen Bischöfe erzählten am Folgetag von einer zweistündigen Audienz gar ohne einen einzigen päpstlichen Huster.
Auf diese beiden Treffen verwies dann auch Bruni während des Reise-Briefings. Dem Papst gehe es "abbastanza bene", was zwar nicht "blendend" bedeutet, aber doch einigermaßen gut. Das war seine Antwort auf die Frage eines Journalisten, proaktiv verlor der Vatikansprecher kein Wort über Franziskus' Gesundheitszustand. Sollte sich etwas ändern, werde man die Pressevertreter informieren. Bis dahin also "business as usual".
Verwundert ob der erstaunlich schnellen Genesung für einen knapp 87-Jährigen zeigte sich mancher Vatikanjournalist. Unbestritten groß ist der Wunsch des Papstes nach Dubai zu fliegen, um den Verantwortlichen dieser Welt ins Gewissen zu reden und zu einem verstärkten Kampf gegen den Klimawandel aufzurufen. Der Schutz von Mensch und Umwelt ist eines seiner Hauptanliegen.
Hoher Aufwand und Kosten mit Absage der Reise verbunden
Ebenso unstrittig sind mit der Reise verbundener Aufwand für Organisation und Sicherheit sowie hohe Kosten. Allein die mitreisenden Medienvertreter bezahlten für den Flug insgesamt knapp 200.000 Euro an den Vatikan. Weder die zuständige Fluggesellschaft ITA noch das vatikanische Presseamt wollten sich bislang zu möglichen finanziellen Verlusten äußern; ebenso wenig zu einer etwaigen päpstlichen Reiserücktrittsversicherung.
Während Brunis Pressegespräch dürften seine Mitarbeitenden bereits mit einer potenziellen Rückabwicklung beschäftigt gewesen sein. Denn am Dienstagabend um 19.32 Uhr folgte dann die offizielle Absage: Trotz Besserung seines Zustands hätten die Ärzte Franziskus um einen Verzicht auf die Reise gebeten, schreibt Bruni. Der Papst habe dieser Bitte mit großem Bedauern entsprochen. Ob die Uhrzeit der Absage eine strategische Entscheidung war, um den Umfang der folgenden Schlagzeilen zu verringern, ist unklar. Ebenfalls, inwiefern sich Franziskus' Zustand gebessert hat.
Bei der Generalaudienz am Mittwoch ließ sich Franziskus erneut für die Ansprachen vertreten. Heiser und stark hustend äußerte er sich kurz lediglich zu Beginn und Ende seines Auftritts; sichtlich gequält absolvierte er das Vater-Unser-Gebet im Stehen. An den Gesprächen der Klimakonferenz am Wochenende möchte er ebenfalls in einer noch unbekannten Form teilnehmen. Vielleicht tröstet er sich mit dem Gedanken, trotz Reiseabsage etwas für die Umwelt getan zu haben: Ohnehin ist der eingeplante Airbus A330neo emissionsärmer als andere Flugzeuge – nun bleibt er sogar ganz am Boden.