Frau beschuldigt Bernard Genoud

Missbrauchsvorwurf gegen verstorbenen Schweizer Bischof

Veröffentlicht am 11.12.2023 um 13:49 Uhr – Lesedauer: 

Zürich ‐ Vorwürfe gegen den früheren Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg: Bernard Genoud wird von einer Frau beschuldigt, sich im Rahmen seiner Lehrertätigkeit sexuell an ihr vergangen zu haben. Das Bistum macht einen Aufruf.

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Der verstorbene frühere Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg, Bernard Genoud (1942-2010), ist von einer Frau beschuldigt worden, sich im Rahmen seiner Lehrertätigkeit wiederholt sexuell an ihr vergangen zu haben. Die Frau soll damals 19 Jahre alt gewesen sein, wie das Schweizer Bistum am Montag mitteilte. Sie habe dies Anfang Dezember dem aktuellen Bischof Charles Morerod berichtet, "in einem sehr fragilen Zustand", so der Bischof; sie sei als junge Frau "fast gestorben an der Last des Missbrauchs".

Genoud sei nicht mehr hier, um sich erklären zu können, heißt es in der Mitteilung weiter. Es sei aber Aufgabe der Kirche, das Leiden der Opfer nicht unbeantwortet zu lassen. Möglicherweise würden "auch andere Personen unter der Last eines unerträglichen Schweigens erdrückt". Der Bischof lade sie ein auszusagen.

Bernard Genoud wurde 1942 in Chatel-St-Denis geboren und trat 1963 ins Priesterseminar von Fribourg ein. Während und nach seiner Studienzeit unterrichtete er am Lehrerseminar und an verschiedenen kirchlichen Kollegien und Seminaren in Fribourg, Bulle und Givisiez. Die Zeitung "Le Nouvelliste" berichtet, das mutmaßliche Opfer sei damals bei Genoud am College du Sud in Bulle in den Philosophieunterricht gegangen.

Morerod: Hätte es nie gedacht

Im Interview des Portals "kath.ch" (Montag) sagte Bischof Morerod (62), sein Vorgänger Genoud sei sein Freund gewesen. Er hätte nie gedacht, dass dieser zu sexuellem Missbrauch fähig sein würde. Genoud sei sein Lehrer am Gymnasium gewesen. "Ich habe auch gesehen, dass er eine einfache Beziehung zu jungen Frauen hatte. Ich fand das gut, warum sollten sie nicht auch das Recht haben, mit einem Priester sprechen zu können. Man sollte keine Angst vor den jungen Frauen haben."

Mindestens 921 Personen sind im Umfeld der katholischen Kirche der Schweiz Betroffene sexuellen Missbrauchs gewesen. Die Verfasser einer Mitte September vorgestellten Pilotstudie der Universität Zürich sehen darin jedoch nur "die Spitze eines Eisbergs". Identifiziert wurden seit Mitte des 20. Jahrhunderts 1.002 Fälle und 510 Beschuldigte.

Das Spektrum reiche von "problematischen Grenzüberschreitungen bis hin zu schwersten, systematischen Missbräuchen, die über Jahre hinweg andauerten", hieß es. In drei Jahren soll ein umfassender Befund vorgelegt werden. Untersucht wurde auch der Umgang katholischer Amtsträger mit Fällen sexuellen Missbrauchs sowie die Verfügbarkeit und Aussagekraft von Akten. Damit sei die Basis für weitere Forschung gelegt. Die Schweizer Bischöfe, die Ordensoberen und die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) kündigten weitere Maßnahmen für Aufklärung und Prävention an. (KNA)

11.12., 16:30 Uhr: Ergänzt um weitere Details.