Standpunkt

"Fiducia supplicans" enthält einen Auftrag – auch an Afrikas Bischöfe

Veröffentlicht am 22.12.2023 um 00:01 Uhr – Von Christoph Strack – Lesedauer: 

Bonn ‐ 4.900 Worte brauchte der Vatikan, um mit "Fiducia supplicans" auszumalen, was alles nicht geht. Neben den Einschränkungen enthält die Erklärung aber auch eine zentrale Botschaft – gerade an Bischöfe wie in Afrika, kommentiert Christoph Strack.

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Nun überbieten sich konservative und reaktionäre Bischöfe und Geistliche im internationalen Wettbewerb um die flotteste Absage an eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Mag die vatikanische Erklärung "Fiducia supplicans" vom Montag ungewöhnlicherweise auch durch die Unterschrift von Papst Franziskus bekräftigt sein – der Widerspruch ist da.

Dabei kommt viel Widerspruch aus afrikanischen Ländern. "Bischöfe erteilen Papst Franziskus eine Abfuhr", titelte am Mittwoch die Zeitung "The Nation" in Malawi. Da sagte gleich die ganze Bischofskonferenz "Nein" zu jeglicher Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Ähnlich die Bischöfe in Sambia und Nigeria. Und in Kenia bemühten sich die Bischöfe kräftig, den nun möglichen Segen abzuwerten. Der Erzbischof von Mombasa, Martin Kivuva, betonte, in der afrikanischen Kultur gebe es keinerlei Akzeptanz für gleichgeschlechtliche Eheschließungen.  

Malawi und Kenia haben eins gemeinsam: In beiden Ländern beträgt die Höchststrafe für homosexuelle Partnerschaften bis zu 14 Jahre Gefängnis, in Sambia droht lebenslange Haft. Solchen Paaren drohen in der Mehrheit der Länder in Afrika Bestrafung, in einigen sogar die Todesstrafe. Und zum Teil wird schon Homosexualität bestraft. (Manches Gesetz – das sei erwähnt – war Erbe aus britischer Kolonialzeit.) 

Aber wäre es in solchen Situationen, in denen Homosexualität kriminalisiert wird, nicht gerade die Rolle der Kirche, auf die gleiche Menschenwürde auch der homosexuellen Menschen hinzuweisen? Und darauf, dass es eben auch gleichgeschlechtliche Paare gibt, die sich einen Segen durch den Priester wünschen? 

Die Erklärung aus dem Vatikan braucht in deutscher Fassung gut 4.900 Worte, um das "Ja, aber" auszumalen, um deutlich zu machen, was alles nicht geht: Keine vorgegebenen Formulierungen, keinen Gottesdienst, nichts, was "Verwechslungsgefahr" beinhalten könnte (und wieder denkt man, dass das gläubige Volk auch da weiter ist als die römische Blase). Da braucht der Vatikan den langen Text, weil er sich nach einem strikten "Nein" zu jedem Segen 2021 letztlich selbst korrigiert.  

Aber vielleicht braucht es die 4.900 Worte für Länder wie Malawi, Sambia und Kenia und ihre Bischöfe. Denn trotz aller Einschränkungen steht doch in dem Text: Es gibt Homosexuelle. Und eigentlich auch: Kümmert Euch, respektiert sie! Wäre das nicht ein Auftrag, der zu "Fiducia supplicans" gehört?

Von Christoph Strack

Der Autor

Christoph Strack ist Leiter des Bereichs Religionen der Deutschen Welle.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.