Caritaspräsident Peter Neher wird 60

Anwalt und Solidaritätsstifter

Veröffentlicht am 04.05.2015 um 00:00 Uhr – Von Volker Hasenauer (KNA) – Lesedauer: 
Caritas

Freiburg ‐ Seit 2003 steht er an der Spitze des Caritasverbandes und streitet für eine gerechtere Gesellschaft. Heute wird Peter Neher 60 Jahre alt.

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Bei Gottesdiensten und in Zeiten der Stille tankt der Solidaritätsstifter und Anwalt von sozial Benachteiligten Kraft. Nicht erst seit den jüngsten Katastrophen im Mittelmeer treibt ihn die Frage um, wie Deutschland und die EU ihrer Verantwortung für in Europa Schutzsuchenden besser nachkommen können. "Wir brauchen eine europäische Flüchtlingspolitik, die diesen Namen verdient", fordert er. So tritt er beispielsweise dafür ein, Flüchtlinge selbst entscheiden zu lassen, in welchem EU-Land sie ihren Asylantrag stellen. Konkret unterstützen Caritasfachleute Ehrenamtliche vor Ort, die sich um die Integration von Flüchtlingen kümmern.

Mit Blick auf eine Weiterentwicklung des größten deutschen Sozialverbands hat Neher zuletzt einen breiten Reflexionsprozess mitangestoßen. Drängende Fragen stehen an: Wie kann Pflege in einer immer älter werdenden Gesellschaft gelingen? Und was ergibt sich aus dem von Papst Franziskus vorgetragenen Auftrag, Kirche müsse eine Kirche der Armen und für die Armen sein?

Langfristige Hilfen für die Opfer von Kastastrophen

So ist für Neher entscheidend, dass eine christliche Grundhaltung den unverzichtbaren "Sauerteig" für alle Caritaseinrichtungen bilden muss. Und dabei mahnt er, ein christliches Profil sei weitaus mehr als das Aufhängen frommer Bilder und Kreuze. Caritasmitarbeiter müssten vielmehr hilfesuchende Menschen bedingungslos annehmen und sie so "etwas von einem menschenfreundlichen Gott erahnen lassen".

Flüchlinge aus Afrika in einem kleinen Schiff auf der gefährlichen Überfahrt nach Europa.
Bild: ©picture alliance / ROPI

Nicht erst seit der jüngsten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer treibt Neher die Frage um, wie Deutschland und die EU ihrer Verantwortung für Schutzsuchende besser nachkommen können.

Couragiert fördert Neher die Arbeit des Hilfswerks Caritas international und fordert langfristige Hilfen für die Opfer von Krisen und Katastrophen. "Es reicht nicht, nach einer Flutkatastrophe, als westlicher Helfer einzufliegen, ein schön angestrichenes Häuschen hinzustellen und dann wieder zu verschwinden. Wenn wir die Würde der Betroffenen ernst nehmen, dann müssen wir mit den Leuten planen. Das braucht Zeit."

Verbandsintern war ein wichtiger Schritt nach Nehers Aufstieg an die Verbandsspitze 2003 die Eröffnung der Caritas-Hauptvertretung im politischen Berlin samt offiziellem zweiten Dienstsitz des Präsidenten. Seit 2005 ist der Caritasverband im eigenen Haus in der Nähe des Bundestags vertreten. Das bedeutet auch, dass der Prälat mit Bahncard 100 eifrig zwischen Freiburg und Berlin pendelt. Selbst zum 60. Geburtstag, denn nach dem Empfang in der Freiburger Caritaszentrale wartet die bundespolitische Prominenz - inklusive Festvortrag von Innenminister Thomas de Maiziere (CDU).

Klare Kante beim Thema Sterbe- und Suizidbeihilfe

Der Aufstieg von Neher an die Spitze der Caritas vollzog sich rasant. Nach Banklehre und nachgeholtem Abitur studierte der Allgäuer in Eichstädt und Würzburg Theologie und wurde 1983 zum Priester geweiht. Nach Stationen als Krankenhausseelsorger, Stadtpfarrer in Kempten und Subregens am Augsburger Priesterseminar wechselte er 1999 zum Caritasverband Augsburg. Vielleicht kann seine eigene Biografie erklären, warum er immer wieder kritisiert, dass die soziale Herkunft in Deutschland noch immer zu stark über Bildungschancen bestimmt. Um arme Familien besser zu unterstützen, streitet Neher für die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.

Klare Kante zeigt Neher auch beim Thema Sterbe- und Suizidbeihilfe. Schon in seiner Promotion befasste er sich mit den Chancen einer modernen Sterbegleitung. Vielerorts setzen sich Caritasmitarbeiter und Einrichtungen dafür ein, dass Menschen beim Sterben nicht alleine gelassen werden. Der Bundestag wird voraussichtlich im Herbst über Gesetzesentwürfe zu Sterbebegleitung und Suizidbeihilfe entscheiden. An den Debatten zur Gestaltung einer menschenwürdigen Zukunft wird sich Neher ganz sicher auch nach seinem 60. couragiert beteiligen.

Von Volker Hasenauer (KNA)