Gössl: Hätte mir aus Rom mehr zur Segnung Homosexueller erhofft
Der ernannte Bamberger Erzbischof Herwig Gössl (56) hätte sich nach eigenem Bekunden eine eindeutigere Äußerung aus Rom zu Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare gewünscht. "Ich dachte, wenn wir solche Partnerschaften segnen, müsste sich die Lehre so weiterentwickeln, dass homosexuelle Handlungen nicht mehr als schwere Sünde gesehen werden", sagte Gössl der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). Nun habe der Papst die Lehre nicht geändert, Seelsorgende sollten Homosexuelle dennoch segnen können.
Nach Einschätzung des künftigen Bamberger Erzbischofs wäre auch Betroffenen selber eine eindeutigere Aussage lieber gewesen. "Ich denke, das ist noch nicht das Ende der Debatte", fügte er hinzu. An seiner eigenen Überzeugung ändere das Schreiben aus Rom nichts, an der Praxis vermutlich schon.
Mitte Dezember hatte Gössl das Vatikan-Dokument "Fiducia Supplicans" begrüßt. Darin war erstmals klargestellt worden, dass eine Segnung homosexueller und wiederverheirateter Paare auch in der katholischen Kirche grundsätzlich möglich ist. Damit werde ein wichtiger Wunsch vieler Gläubiger aufgegriffen, sagte er damals.
Erstarken der AfD mache ihm Angst
Im Interview äußerte sich Gössl auch zur Frage, ob eine Mitgliedschaft in der AfD mit einem Engagement in der Kirche vereinbar sei. So sagte der ernannte Erzbischof, Menschen mit unchristlichen Überzeugungen dürften nicht bei der Kirche angestellt sein.
Man wisse nicht immer, wer in welcher Partei Mitglied sei, zudem sei die AfD keine verbotene Partei, so Gössl. Daher sei es schwierig, Personen ihr Engagement deswegen zu verbieten. "Problematisch wird es für mich, wenn diese Person Äußerungen macht, die nicht mit unseren christlichen Überzeugungen übereinstimmen." Das gelte auch für das Ehrenamt. "Egal, ob jemand Ausländerhass propagiert oder das Lebensrecht der Ungeborenen infrage stellt."
Zum Erstarken der AfD sagte der ernannte Bischof: "Das macht mir schon Angst, vor allem, wenn man sich einige Aussagen genauer anhört. Das hat mit unserer christlichen Botschaft gar nichts mehr zu tun." Gössl war am 9. Dezember von Papst Franziskus zum Nachfolger des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick ernannt worden. Die Amtseinführung ist am 2. März. (cbr/KNA)