Verweis auf Wiener Übereinkommen

Zeitung: Vatikan lehnt Öffnung diplomatischer Archive ab

Veröffentlicht am 07.01.2024 um 11:20 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung wollten Forschende aus der Schweiz auch Einblick in Akten der Nuntiatur in Bern nehmen. Das lehnt der Vatikan ab – und verweist dabei auf ein Abkommen über die internationalen Beziehungen.

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Der Vatikan lehnt eine Öffnung des Archivs seiner Botschaft in der Schweiz für Forschungen zum Missbrauchsskandal ab, wie die Schweizer Zeitung "Sonntagsblick" am Sonntag berichtet. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin habe auf Anfrage mitgeteilt: "Gemäß dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen sind die Archive der Mission unverletzlich. Von daher können wir das Archiv der Nuntiatur nicht öffnen."

Um vergangene Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche der Schweiz aufzuklären, hatten Forscherinnen der Universität Zürich auf mehreren Ebenen Einsicht in kirchliche Akten verlangt. Dazu gehören auch die Akten der Apostolischen Nuntiatur in Bern.

Zugriff auf andere Akten möglich

Während diese Akten nun weiter unter Verschluss bleiben, wies Parolin laut Sonntagsblick darauf hin, dass die Akten der katholischen Bistümer in der Schweiz und auch die Akten des vatikanischen Dikasteriums für die Glaubenslehre für die Forschungen geöffnet werden könnten. Die Glaubensbehörde ist weltweit für kirchenrechtliche Verfahren gegen Priester zuständig, denen sexueller Missbrauch an Minderjährigen vorgeworfen wird.

Eine Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche der Schweiz hatte im vergangenen September für die Zeit seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine große Zahl an Missbrauchstaten durch katholische Kleriker, kirchliche Angestellte und Ordensangehörige festgestellt. Insgesamt wurden im Rahmen der am Historischen Seminar der Universität Zürich durchgeführten Untersuchung 1.002 Fälle sexuellen Missbrauchs, 510 Beschuldigte und 921 Betroffene identifiziert. Das Spektrum der festgestellten Missbrauchsfälle reiche von "problematischen Grenzüberschreitungen bis hin zu schwersten, systematischen Missbräuchen, die über Jahre hinweg andauerten". (cph/KNA)