Argentinisches Gipfeltreffen in Rom: Papst und Milei nähern sich an
Es dauerte lange bis zum "argentinischen Moment" bei der feierlichen Papstmesse im Petersdom am Sonntag. Erst nach dem Schlusssegen begab sich Papst Franziskus im Rollstuhl zu seinem Landsmann, Präsident Javier Milei, um ihn mit strahlendem Lächeln per Handschlag zu begrüßen. Milei erhob sich spontan, beugte sich weit vor und umarmte den Pontifex überschwänglich. Anschließend reichte der Papst anderen Mitgliedern der Delegation die Hand.
Fast 90 Minuten lang hatte das argentinische Staatsoberhaupt in gebührendem Abstand etliche Meter schräg hinter dem Papstthron gesessen, ein Blickkontakt war kaum möglich. Nicht ein Mal war in dem Gottesdienst vom Heimatland des Papstes und des Präsidenten die Rede – und das, obwohl der Anlass die erste Heiligsprechung einer Argentinierin in der Kirchengeschichte war.
Die Heiligsprechung von "Mama Antula" (1730-1799) vollzog der Papst auf Latein. Auch die heilige Messe wurde in der offiziellen Sprache der weltweiten Kirche gefeiert. Selbst die Predigt hielt der Papst nicht auf Spanisch, wie er das bei "lateinamerikanischen Terminen" im Petersdom manchmal tut. Er predigte in der Sprache des Bischofs von Rom, auf Italienisch. Mit all dem wurde unterstrichen, dass die neue Heilige nun ein Vorbild für die katholische Kirche weltweit sein soll, und nicht mehr bloß eine in ihrer Heimat verehrte "Selige".
Keine "argentinischen" Bemerkungen oder Gesten des Papstes
Immerhin war das Begleitheft mit den Texten, in dem die Gläubigen die Gebete mitlesen konnten, in Italienisch und auch Spanisch übersetzt. Und es waren viele Argentinier im Kirchenschiff, von denen manche ihre großen blau-weiß-blauen Flaggen mit der Sonne in der Mitte über die Absperrgitter gelegt hatten. So als wollten sie bekunden, dass aus ihrer Sicht Lateinamerikas zweitgrößtes Land bei dem Gottesdienst mitfeierte.
Zwei Bischöfe aus Argentinien beteten bei der Messe mit am Altar; ein weiterer, Kardinal Victor Fernandez, stand in der ersten Reihe der Kardinäle. Doch der Argentinier, auf den es ankam, Jorge Mario Bergoglio alias Papst Franziskus, ließ sich an keiner Stelle zu einer "argentinischen" Bemerkung oder Geste hinreißen.
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Selbst die Fürbitte, die am ehesten dem Staatsgast Milei galt, wurde auf Italienisch vorgelesen. Darin hieß es: "Gott, du Freund des Friedens, gib unseren Regierenden die Weisheit des Dialogs und den Willen, im Sinne des Gemeinwohls mitzuarbeiten, das zu überwinden, was teilt, und das zu suchen, was eint."
Das ist ziemlich genau das Gegenteil dessen, was derzeit in Argentinien geschieht, wo Mileis radikales Spar- und Reformprogramm zu politischen Spannungen und Protesten geführt hat. Die Medien des krisengeschüttelten Landes berichteten in diesen Tagen ausführlich über Mileis Termine in Rom. Sie überboten sich mit Spekulationen darüber, was die beiden aus so gegensätzlichen politischen Lagern kommenden Männer einander zu sagen haben würden.
Weniger um die neue Heilige geht es dabei als um die Frage, was der als eher "sozial" eingestufte Papst dem radikal-liberalen Präsidenten sagen könnte. Und ob er ihm mehr Unterstützung anbieten wird als bloß einen schönen Fototermin im Vatikan.
"Das Volk will seinen Hirten treffen"
Die meiste Aufmerksamkeit gilt dabei der Frage, ob der Mann, der als Kardinal Bergoglio eine wichtige Figur in Argentinien war, elf Jahre nach seiner Papstwahl endlich sein Heimatland besuchen wird. Mit einer Inflation von mehr als 200 Prozent und mit Streiks und Protestwellen scheint es sich einem Abgrund zu nähern. Und es wäre nicht das erste Mal, dass ein Papst Einfluss auf die politische Entwicklung in seiner Heimat zu nehmen versucht. Paul VI. tat dies in Italien und Johannes Paul II. auf massivste Weise in Polen.
Die Erwartungen in der Heimat scheinen hoch. Der Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Ignacio Garcia Cuerva, formuliert es so: "Das Volk will seinen Hirten treffen. Wir warten alle auf ihn. Wir wollen ihn sehen, wir wollen seine Worte hören. Wir brauchen seine physische Anwesenheit in unserem Land."
Ob der Papst Milei eine Reise nach Argentinien verspricht, werde sich am Montagmorgen entscheiden, wenn die beiden ausführlich miteinander reden, hieß es im Umfeld der argentinischen Delegation in Rom. Die überaus herzliche Umarmung im Petersdom schien wie ein guter Anfang.