Anschluss an die Menschen dringend gesucht
In einer drei Tage dauernden Vollversammlung diskutierten rund 250 Synodale in Koblenz von Donnerstag bis Samstag unterschiedlich weitreichende und mitunter auch sehr konkrete Reformvorschläge für die Zukunft von Deutschlands ältesten Bistum. Zwar wurden noch keine verbindlichen Beschlüsse über die von zehn Sachkommissionen ausgearbeiteten Vorschläge gefasst. Doch die Debatte zeigt, in welche Richtung Deutschlands einzige Diözesansynode gehen will.
„Die Postmoderne ist in der Provinz angekommen.“
Viel war in der 1958 erbauten Sankt-Elisabeth-Kirche am Rande der Koblenzer Innenstadt von "Paradigmenwechsel" und "Perspektiv-Änderungen" die Rede. Es ging um Geschlechtergerechtigkeit, um "andere Lebensentwürfe" und um weltweite Solidarität. Der Zeitgeist wehte kräftig im Rhein- und Moseltal, oder wie es der belgische Theologe Arnaud Join-Lambert als Berater des Synodenpräsidiums ausdrückte: Die Postmoderne ist in der Provinz angekommen.
Auch in Deutschlands ältesten Bistum sucht die Kirche Wege zu den Menschen, die sich immer zahlreicher von ihr abwenden. "Sogar in ländlichen Gebieten sind wir als Sinnstifter und in Lebenskrisen kaum noch gefragt", brachte ein Pfarrer aus dem Saarland die neue Lage auf den Punkt.
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Umso kontroverser werden von der Synode Vorschläge diskutiert, 60 neuartige Großpfarreien zu schaffen, in denen mehrere bisherige Pfarreien arbeitsteilig zusammengelegt werden sollen. Mehr als 20.000 Katholiken mit mehreren "Kirch-Orten" wird jede solche Pfarrei künftig umfassen. In einem Bistum, das noch vor zehn Jahren fast tausend, meist sehr überschaubare Pfarreien zählte, ist das ein gewagter Schritt. Aber angesichts der Priesterzahlen gibt es offenbar kaum Alternativen. Dass die neuen, größeren Einheiten einen weiteren Verlust an Nähe bewirken könnte, ist nur eine von vielen Befürchtungen, die dieser Vorschlag auslöst.
Wächst die Distanz zwischen Kirche und Menschen?
Die Angst vor einer weiter wachsenden Distanz zwischen "der Kirche" und "den Menschen" zog sich wie ein roter Faden durch die Koblenzer Reden und Debatten. Immer wieder wurde darum gerungen, eine Sprache zu finden, die auch außerhalb des kirchlichen Milieus verstanden wird.
Wie schwer dies ist, erfuhr der Seelsorger Rainer Gotter, der als Übersetzer die Reform-Ideen der Sachkommissionen der Synode für Hörgeschädigte in "einfache Sprache" zu übertragen hatte. Sätze wie "Die Kirche von Trier vollzieht einen Paradigmenwechsel hin zu einem stringent an Charismen orientierten pastoralen Handeln" erwiesen sich als beinahe unübersetzbar, manche Vorlagen mussten deshalb zur Überarbeitung zurückgewiesen werden. Hier liegt noch viel Arbeit vor der Synode.
Engagiert und heiter beteiligten sich der Trierer Bischof Stefan Ackermann und seine drei Weihbischöfe sowie der Generalvikar an der Debatte. Nur an einem Punkt kam eine gewisse Schärfe in Ackermanns Beiträge. Vorschläge einer Sachkommission für eine Segnung homosexueller Paare und einen "nicht wertenden Umgang" mit anderen Lebensentwürfen gingen ihm zu weit. Hier müsse er eine Grenze aufzeigen, betonte der Bischof und kündigte separate Gespräche mit der zuständigen Kommission an.
Was ist eine Diözesansynode?
Eine Diözesansynode ist gemäß katholischem Kirchenrecht die von einem Diözesanbischof einberufene, in der Regel von ihm präsidierte und ihn beratende Versammlung von Klerikern und Laien eines Bistums. Der Bischof bestimmt die Inhalte, er entscheidet auch darüber, welche Beschlüsse in Kraft treten. Der Begriff Synode leitet sich her vom griechischen Wort "synodos" (gemeinsamer Weg, Zusammenkunft).
Das Kirchenrecht legt fest, dass neben geistlichen Amtsträgern katholische Laien sowie im Bistum präsente Orden in der Synode vertreten sein müssen. Von Amts wegen sind neben dem Diözesanbischof beispielsweise auch Weihbischöfe, der Generalvikar und die Domkapitulare Synodenmitglieder. Daneben gibt es die Mitgliedschaft durch Wahl und die durch Berufung seitens des Diözesanbischofs. Gemäß dem Kirchenrecht sind in einer Diözesansynode "alle vorgelegten Fragen" der "freien Erörterung der Synodalen zu überlassen". Einziger Gesetzgeber in der Diözesansynode ist nach dem Kirchenrecht der Diözesanbischof, während die anderen Teilnehmer nur beratendes Stimmrecht haben.
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das die Kirche als Volk Gottes bezeichnete, wertete Diözesansynoden auf, um eine größere Mitsprache aller Katholiken zu ermöglichen. Nach dem Konzil fanden Diözesansynoden in den Bistümern Rottenburg-Stuttgart (1985-1986), Hildesheim (1989-1990) und Augsburg (1990) statt. Von 1971 bis 1975 gab es eine Gemeinsame Synode der westdeutschen Bistümer in Würzburg. In Trier tagt seit Dezember 2013 erstmals in diesem Jahrhundert wieder eine Diözesansynode auf deutschem Boden. (KNA)