Ein Heiliger, den wir brauchen
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Wenn Óscar Romero in wenigen Tagen selig gesprochen wird, dann ist die bis jetzt wichtigste Heiligsprechung des 21. Jahrhunderts einen Schritt weiter. Die wichtigste? Ja. In mehrfacher Hinsicht personifiziert ausgerechnet der 1980 erschossene Erzbischof von San Salvador die Kirche und ihre Zukunft, auch wie sie Papst Franziskus einfordert. Zwei besonders bemerkenswerte Aspekte dabei:
Erstens kann Romeros Heiligsprechung die Knoten vermeintlicher Widersprüche lösen, welche auch im deutschsprachigen Katholizismus für Lagerdenken und Spannungen seit den 1980er und 1990er Jahren sorgen. Etwa bei der Einordnung der Befreiungstheologie, wo der moderate Konsens doch klar scheint: Insofern sie den Kampf gegen Armut und für Gerechtigkeit beschreibt, ist sie katholisch; dagegen sind kruder Klassenkampf und marxistisches Ideologisieren es nicht. So argumentiert auch Vatikan-Kenner John L. Allen.
Zweitens kann Romero ein Schutzpatron der Armen wie der unterdrückten und verfolgten Christen der Gegenwart werden. Romero war nicht nur selber Blutzeuge. Seine Predigten als Erzbischof wurden beliebte Radio-Sendungen, die sich gegen die Militär-Diktatur El Salvadors richteten; seine Bistumszeitung veröffentlichte jede Woche die Fälle von Verfolgung und Folter von Katholiken.
Ist das nicht Heiliger, den wir brauchen? Das Blut abertausender Märtyrer klebt an den ersten Jahren unseres Jahrhunderts. Zu viele, um sie zu zählen: Die einen meinen, “nur” jede Stunde werde ein Christ ermordet. Andere rechnen vor, dass es alle fünf Minuten passiere, wie John Allen drastisch beschreibt.
In einer solchen Zeit brauchen wir Romero. Er ist eine Figur, die scheinbare Widersprüche in sich auflöst, weil sie diese in sich vereint: Ein mutiger Volksbischof, der geistliche Begleitung vom Opus Dei bekam und enger Freund progressiver Jesuiten war. Die personifizierte Medizin gegen Ungerechtigkeit, Feigheit und Zaudern. Ein Vorbild für die Zukunft der Kirche – und viele Katholiken heute.