Bischöfe zur Fastenzeit: Für Engagement und gegen Resignation
Für mehr Engagement und gegen Resignation, für eine einladendere Kirche und gegen Polarisierung. Mit diesen und weiteren Themen haben sich die katholischen Bischöfe in ihren Hirtenbriefen zur Fastenzeit befasst. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx warnte davor, angesichts der Verschiedenheit in einer offenen Gesellschaft Gegensätze aufzubauschen. Hass dürfe nicht gefördert, Polarisierung nicht vertieft und Verschwörungstheorien nicht verbreitet werden, denn dies zerstöre ein Gemeinwesen.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki rief alle Katholiken auf, ihre Kirche wieder stärker zu einer einladenden, missionarischen und dienenden Kirche zu machen. Dazu forderte er einen grundlegenden Perspektivwechsel in Kirche und Gesellschaft. Man solle nicht in erster Linie zurück und auf das Negative schauen, sondern nach vorn und auf das, was man selbst beitragen zu einer besseren Zukunft könne.
Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann rief dazu auf, trotz gegenwärtiger großer Ängste und Untergangsszenarien nicht zu resignieren: "Gerade jetzt müssen wir ein Zeichen christlicher Präsenz und Hoffnungskraft setzen, ein österliches Zeichen gegen alle Resignation." Zum ersten Mal in der Geschichte stünden realistische Szenarien umfassender Zerstörung des Lebens auf der Erde durch den Menschen selbst vor Augen. In der Fastenzeit sammelten Christen daher ihre Kräfte neu, um aufzustehen – etwa gegen Ungerechtigkeit, Hass und Hetze.
Gegen Resignation, Angst und Verunsicherung
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger rief zu kleinen, persönlichen Schritten auf, um Zeichen gegen Resignation, Angst und Verunsicherung zu setzen. Es sei nachvollziehbar, dass Kriege und Krisen sowie die gesellschaftlichen Spannungen in Deutschland bei vielen Menschen Ängste auslösten, so Burger weiter. Christliche Überzeugung sei es aber, dass Gott sich immer wieder neu jedem und jeder Einzelnen zuwende, um ein gelingendes Leben zu ermöglichen.
Münsters Bischof Felix Genn warb für Stille und Gebet in den Wochen vor Ostern. Angesichts zunehmender Lautstärke in der Gesellschaft wachse die Sehnsucht innerlich hinzuhören. Es gehe um "die Suche nach dem, was wahr, schön und gut ist, die Suche nach Gott, nach Dialog, nach Innerlichkeit, nach Verstehen, nach Güte".
Fuldas Bischof Michael Gerber nimmt in seinem Hirtenwort den Vorgang der Rebveredelung im Weinbau als Gleichnis und sieht darin Parallelen zu Kirche und Gesellschaft. Denn bei beidem ständen einschenidende Veränderungen an – bis an die Wurzel. "Bei der Rebveredelung wird die gefährdete Wurzel nicht weiter geschützt, sondern abgeschnitten." Die Lösung liege in der Öffnung für fremde Wunden. Denn Wunden verbänden, miteinander und mit Jesus.
Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr blickte voraus auf den Katholikentag Ende Mai in Erfurt und das Motto "Zukunft hat der Mensch des Friedens". Frieden, Mensch und Zukunft seien drei "Schlagworte", die viele Probleme der Gegenwart ansprechen würden, aber auch eine persönliche Dimension hätten.
Lob für Demonstrationen
Der Bischof von Aachen hat die politischen Demonstrationen der vergangenen Wochen erneut gelobt. Die Kundgebungen trügen dazu bei, die Demokratie zu stärken und zu schützen, schreibt Helmut Dieser in seinem Fastenhirtenbrief. Der Geistliche ruft dazu auf, zu den Wahlen zu gehen und sich mit politischen Inhalten und Positionen auseinanderzusetzen. "Wir brauchen offene Debatten statt Zersplitterung, sachliche Argumentationen statt moralische Abwertung, demokratische Mehrheitssuche statt Radikalisierung, ehrliche Kompromissbereitschaft statt Vereinfachung und Verfälschung."
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke sieht eine "geistliche Energiekrise" in der katholischen Kirche. "Eigentlich sollten wir in unseren Pfarreien geistlich auftanken können", schreibt er in seinem Hirtenwort. "Aber viele Ehrenamtliche und Hauptamtliche haben eher das Gefühl, dass sie mehr Energie aufwenden müssen als sie zurückbekommen. Die Situation der Kirche macht ihnen zu schaffen und lässt sie langsam ausbrennen." Als Gegenmittel empfiehlt er, wieder mehr die Begegnung und Gemeinschaft mit Jesus Christus, der "Sonne des Heils", zu suchen. "Stellen wir uns in die Sonne, um Kraft und Energie zu tanken für unsere Weggemeinschaft und für unser Zeugnis in der Gesellschaft." Dies geschehe in der Feier der Heiligen Messe, der Beichte, im Teilen des Wortes Gottes, im Blick auf Menschen in Not sowie im Leben mit anderen und für andere.
Ähnlich formulierte es der Passauer Bischof Stefan Oster: Alle Gläubigen sollten sich bis Ostern täglich bewusst Zeit für Stille nehmen, vor einem Kreuz, einer Ikone, einer Kerze. "Bitten wir Jesus aufrichtig, mit uns zu sein - und dass wir immer mehr von Seiner stillen, unaufdringlichen Gegenwart spüren dürfen." Danach sollten alle einen Blick auf die Mitmenschen einüben, "der versucht, das Gute im anderen zu sehen und zu sagen". Und damit den Vorsatz verbinden, auf lästernde Wort zu verzichten. (cph/KNA)
Update 18.2., 12:15 Uhr: Ergänzt um Dieser, Oster, Hanke. 14:30 Uhr: Ergänzt um Gerber.