Der erfolgreiche Kampf von Staatsanwältin "Bloody Mary" Mösch

TV-Doku zeigt die Jagd nach den Räubern des Kölner Domschatzes

Veröffentlicht am 23.02.2024 um 00:01 Uhr – Von Andreas Otto (KNA) – Lesedauer: 

Köln ‐ Der Raub in der Kölner Domschatzkammer vor fast 50 Jahren bietet Stoff für ein Krimi-Drehbuch. Der WDR rollt in einer Dokumentation das damalige Geschehen noch einmal auf. Auch Zeitzeugen kommen in dem Film zu Wort und berichten von den Ermittlungen.

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Es war ein äußerst spektakulärer Diebstahl. Eigentlich war die Schatzkammer des Kölner Doms schon damals alarmgesichert. Doch Anfang November 1975, in der Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen, gelang es einem Räuber-Trio, dort einzudringen. Es entwendete 15 wertvolle Kunstobjekte, überwiegend aus Gold und Edelsteinen im Wert von damals mehreren Millionen Mark. In der Folge begann eine Jagd nach Täter und Beute, die das WDR Fernsehen in der Dokumentation "Der Raub des Kölner Domschatzes" am Freitag um 20.15 Uhr nachzeichnet.

Den Tätern ging es nur um den schnöden materiellen Wert. Experten aber sahen einen großen Verlust historischer Schätze, darunter eine frühbarocke Prunkmonstranz. In dem mit Edelsteinen verzierten goldenen Schaugefäß wird eine Hostie gezeigt, in der nach katholischem Verständnis Jesus Christus gegenwärtig ist.

Ein Domschweizer klopfte an die verschlossene Tür

Eine Sonderkommission aus 50 Beamten setzte alles daran, den Fall aufzuklären. Dass am Ende die Täter gefasst und Teile des geraubten Kunstgutes sichergestellt werden konnten, ist vor allem Maria Therese Mösch zu verdanken. Die heute über 90-jährige Juristin war die erste Staatsanwältin im Oberlandesgerichtsbezirk Köln überhaupt und wegen ihrer unnachgiebigen Ermittlungsarbeit in Unterweltkreisen als "Bloody Mary" bekannt. Sie kommt in der Doku zu Wort und berichtet über die damaligen Ermittlungserfolge und auch -pannen.

Während zwei der drei Räuber draußen Schmiere standen, gelang es dem dritten, sich durch einen schmalen Lüftungsschacht in die Schatzkammer abzuseilen. Dort sammelte er die zuvor in einem Ausstellungskatalog markierten Gegenstände ein. Ein Domschweizer, der Nachtwache schob, hörte Geräusche aus der Schatzkammer und klopfte an die verschlossene Tür – für die Täter das Startsignal für eine überhastete, gleichwohl erfolgreiche Flucht.

Zur Dokumentation

Die Dokumentation "Der Raub des Kölner Domschatzes – Die Jagd nach den Dieben" von Lothar Schröder wird am Freitag, 23.02., von 20.15 bis 21.00 Uhr im WDR-Fernsehen gezeigt.

Der Haupttäter Ljubomir Ernst, ein Kunstmaler aus Jugoslawien, geriet schon unmittelbar nach dem Einbruch in den Fokus der Ermittler. Doch als Beamte ihn in seiner Kölner Wohnung aufsuchten, konnte seine Partnerin – wie sich später herausstellte – in einem unbeobachteten Moment den Koffer mit der Beute im Keller eines Nachbarn verschwinden lassen. Für die Polizei ein erster Tiefschlag.

Ernst suchte zunächst im sozialistischen Belgrad Zuflucht, wo er für die Polizei kaum greifbar war. Später aber wurde er in seiner Kölner Wohnung angetroffen und als Hauptverdächtiger festgenommen. Dort fanden Beamte auch den Entwurf eines Erpresserbriefs: Domschatz gegen Geld. Doch Ernst redete sich raus, er habe das Schreiben betrunken und aus Spaß verfasst, und wurde letztlich aus der U-Haft entlassen. Dies geschah auch mit dem Kalkül, dass er die Polizei zur Beute führt. Doch es gelang nur, ihn bis zum Neumarkt zu verfolgen. "Und da war er weg", beschreibt Mösch den zweiten Tiefschlag.

Verdeckter Ermittler gab sich als Hehler aus

Fünf Monate nach dem Raub verkündete die Polizei, die Ermittlungen einzustellen. Staatsanwältin "Bloody Mary" gab indes nicht auf. Und engagierte als verdeckten Ermittler Werner Mauss, der in der Doku ebenfalls – allerdings verpixelt – von damals berichtet. Er gab sich gegenüber den Tätern als am Domschatz interessierter Hehler aus und konnte auf diese Weise maßgeblich dazu beitragen, dass alle drei Täter vor Gericht gestellt und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

Ein Großteil der Beute fand sich in einem Koffer in der Garage von Ernst in Belgrad – darunter Edelsteine und 23 Stück eingeschmolzenen Goldes. Die Prunkmonstranz also zerstört. Auf den langjährigen Domgoldschmied Peter Bolg, der einst den Schrein der Heiligen Drei Könige restauriert hatte, kam eine neue Aufgabe zu. Noch vor dem Raub hatte man die Monstranz für ein Studienprojekt mit dem sogenannten Fotogrammetrie-Verfahren bis ins kleinste Detail dokumentiert. Auf dieser Basis rekonstruierte Bolg in rund zehnjähriger Arbeit – auch mit vorhandenen alten Materialien – die Monstranz. Sie wird wieder gezeigt in der Domschatzkammer. Die aber ist heute durch Kameras und Panzerglas viel besser gesichert als früher – und kommt vor allem ohne risikobehafteten Lüftungsschacht aus.

Von Andreas Otto (KNA)