Gerber: Mit Unterdrückung arrangieren ist Gegenteil von Frieden
Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Michael Gerber, warnt mit Blick auf den Ukraine-Krieg den Westen davor, zur Tagesordnung überzugehen. "Es darf keine Gewöhnung an den Terror geben, den wir mitten in Europa und leider auch an vielen anderen Kriegsschauplätzen erleben", sagte der Fuldaer Bischof am Montag in einer Predigt laut Manuskript. "Sich mit der Unterdrückung und Aggression zu arrangieren, ist das Gegenteil von Frieden", mahnte Gerber in einem Gedenkgottesdienst für die Opfer des Krieges in der Ukraine in der Fuldaer Michaelskirche.
Russlands Präsident Wladimir Putin sei ein Herrscher, "der seine Gegner im In- und Ausland umbringen lässt, sich selbst zum Gesetz macht", sagte Gerber. Auf der anderen Seite sei die Ukraine ein Land, "in dem, wie auch in den Demokratien des Westens, sicherlich längst nicht alles rund läuft". Dort sei jedoch "der Anspruch da, Gewaltenteilung und politische Verantwortung zu leben". Die Gefahr, dass Mandatsträger Gesetze überschreiten, gebe es zwar auch in einer Demokratie. Doch hier gebe es Mechanismen der Kontrolle, der Korrektur und der Sanktionen. "Nicht so in einer Autokratie: Der Herrscher wird selbst zum Gesetz, was er sagt, gilt in seinem Herrschaftsbereich als Wirklichkeit", so der Bischof. "Welcher Ansatz wird künftig unseren Globus prägen?", fragte Gerber.
Christen könnten nicht schweigen
Christen könnten hierzu nicht schweigen oder relativierend beschwichtigen. Wenn man dem Auftrag Jesu gerecht werden wolle, "Salz der Erde" zu sein, "dann kann das gerade in diesen Tagen bedeuten, wachsam und zugleich solidarisch das zu begleiten, was im Osten Europas vor sich geht", sagte Gerber. "Wir müssen damit rechnen, dass der Einsatz für Demokratie und Freiheit auch von uns manchen Verzicht fordert."
Friede sei nur möglich, wenn die Würde und damit die Freiheit eines jeden Menschen geachtet werde. "Das mag für die Predigt in einer Eucharistiefeier sehr politisch klingen", sagte der Bischof. "Aber – die Heilige Schrift selbst ist an nicht wenigen Stellen ebenfalls sehr politisch." (KNA)