Kräutler: Seligsprechung Romeros war überfällig
Die Befreiungstheologie sei nur aus einem europäischen Unverständnis heraus als marxistisch verleumdet worden, sagte der Bischof von Altamira-Xingu im Norden Brasiliens weiter. Er sei seit fast 50 Jahren in Brasilien, seine Diözese bestehe aus 777 Gemeinden, "und keine einzige davon ist marxistisch angehaucht", so Kräutler. "Das ist einfach Unsinn." Die Befreiungstheologie sei biblisch fundiert; Jesus identifiziere sich mit den Armen.
Papst Franziskus habe einen direkten Zugang zur politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation Lateinamerikas, betonte Kräutler. Daher habe er wohl auch mit "letzten Voreingenommenheiten gegenüber Erzbischof Romero aufgeräumt".
Als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz reist der emeritierte Trierer Weihbischof Leo Schwarz nach El Salvador. Dies gab die DBK am Donnerstag bekannt. Schwarz kannte Erzbischof Romero persönlich. "Für viele Christen in Lateinamerika ist Romero schon lange ein Heiliger", so Schwarz. "Nun hat der Vatikan den Seligsprechungsprozess zu einem guten Ende geführt." Aus Sorge vor einer politischen Vereinnahmung von Romero durch die politische Linke in dem polarisierten Land sei der Prozess immer wieder ins Stocken geraten.
Romero war als Erzbischof von San Salvador am 24. März 1980 während eines Gottesdienstes in einer Krankenhauskapelle von Unbekannten erschossen worden. Die Hintergründe sind bis heute nicht vollständig geklärt; die Drahtzieher des Attentats werden jedoch in der Armee vermutet. Romero hatte durch seinen unermüdlichen Einsatz für die Rechte der Armen und Unterdrückten den Hass reaktionärer Kreise auf sich gezogen.
Christliche Initiative Romero warnt vor Vereinnahmung Romeros
"In seinen Predigten analysierte der Erzbischof die Situation des Landes", sagte Schwarz weiter. "Romero machte sich zur Stimme derer, die keine Stimme hatten." Nach seinem gewaltsamen Tod war die Lage in El Salvador eskaliert. 11 Jahre litt das Land unter einem Bürgerkrieg, rund 70.000 Menschen wurden Opfer politisch motivierter Gewalt.
Mit Blick auf die anstehende Seligsprechung äußerte sich auch die in Münster ansässige entwicklungspolitische Organisation Christliche Initiative Romero (CIR). "Wenn der liturgische Akt der Seligsprechung dazu führt, dass sich mehr Gläubige weltweit verstärkt für die Einhaltung von Menschenrechten engagieren, begrüßen wir dies sehr", hieß es in einer Erklärung vom Mittwoch. Eine "potenzielle Vereinnahmung des Bischofs seitens konservativer Kreise in Kirche und Politik mit der Absicht, die Figur Romero zu verwässern", sähe man jedoch "sehr kritisch". (som/KNA)