Der brasilianische Bischof Erwin Kräutler über Oscar Romero

Kräutler: Seligsprechung Romeros war überfällig

Veröffentlicht am 21.05.2015 um 09:40 Uhr – Lesedauer: 
Bischof Erwin Kräutler im Porträt.
Bild: © KNA
Seligsprechung

Wien/Münster ‐ Vor der anstehenden Seligsprechung des Märtyrers Oscar Romero hat der brasilianische Bischof Erwin Kräutler diese als längst überfällig bezeichnet. Und auch zur Befreiungstheologie äußerte sich der gebürtige Österreicher.

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Die Befreiungstheologie sei nur aus einem europäischen Unverständnis heraus als marxistisch verleumdet worden, sagte der Bischof von Altamira-Xingu im Norden Brasiliens weiter. Er sei seit fast 50 Jahren in Brasilien, seine Diözese bestehe aus 777 Gemeinden, "und keine einzige davon ist marxistisch angehaucht", so Kräutler. "Das ist einfach Unsinn." Die Befreiungstheologie sei biblisch fundiert; Jesus identifiziere sich mit den Armen.

Papst Franziskus habe einen direkten Zugang zur politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation Lateinamerikas, betonte Kräutler. Daher habe er wohl auch mit "letzten Voreingenommenheiten gegenüber Erzbischof Romero aufgeräumt".

Als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz reist der emeritierte Trierer Weihbischof Leo Schwarz nach El Salvador. Dies gab die DBK am Donnerstag bekannt. Schwarz kannte Erzbischof Romero persönlich. "Für viele Christen in Lateinamerika ist Romero schon lange ein Heiliger", so Schwarz. "Nun hat der Vatikan den Seligsprechungsprozess zu einem guten Ende geführt." Aus Sorge vor einer politischen Vereinnahmung von Romero durch die politische Linke in dem polarisierten Land sei der Prozess immer wieder ins Stocken geraten.

Der emeritierte Weihbischof von Trier, Leo Schwarz, im Porträt.
Bild: ©KNA

Leo Schwarz ist emeritierter Weihbischof von Trier. Er reist als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz nach El Salvador zur Seligsprechung Oscar Romeros.

Romero war als Erzbischof von San Salvador am 24. März 1980 während eines Gottesdienstes in einer Krankenhauskapelle von Unbekannten erschossen worden. Die Hintergründe sind bis heute nicht vollständig geklärt; die Drahtzieher des Attentats werden jedoch in der Armee vermutet. Romero hatte durch seinen unermüdlichen Einsatz für die Rechte der Armen und Unterdrückten den Hass reaktionärer Kreise auf sich gezogen.

Christliche Initiative Romero warnt vor Vereinnahmung Romeros

"In seinen Predigten analysierte der Erzbischof die Situation des Landes", sagte Schwarz weiter. "Romero machte sich zur Stimme derer, die keine Stimme hatten." Nach seinem gewaltsamen Tod war die Lage in El Salvador eskaliert. 11 Jahre litt das Land unter einem Bürgerkrieg, rund 70.000 Menschen wurden Opfer politisch motivierter Gewalt.

Mit Blick auf die anstehende Seligsprechung äußerte sich auch die in Münster ansässige entwicklungspolitische Organisation Christliche Initiative Romero (CIR). "Wenn der liturgische Akt der Seligsprechung dazu führt, dass sich mehr Gläubige weltweit verstärkt für die Einhaltung von Menschenrechten engagieren, begrüßen wir dies sehr", hieß es in einer Erklärung vom Mittwoch. Eine "potenzielle Vereinnahmung des Bischofs seitens konservativer Kreise in Kirche und Politik mit der Absicht, die Figur Romero zu verwässern", sähe man jedoch "sehr kritisch". (som/KNA)

Linktipp: Er ist als Märtyrer gestorben

Fast 35 Jahre nach der Ermordung Oscar Romeros hat der Vatikan im Januar den Märtyrertod des ehemaligen Erzbischofs von San Salvador anerkannt. Am kommenden Samstag soll Romero seliggesprochen werden.