Verweis auf Verfassung bei Umnutzung von Kirchen-Gebäuden

Moraltheologe fordert sozialere kirchliche Immobilienstrategie

Veröffentlicht am 29.02.2024 um 11:56 Uhr – Lesedauer: 

Stuttgart ‐ Wenn die Kirchen ihre Gebäude umnutzen und zu Mietobjekten umwandeln: Wen sollten sie dann dort hineinnehmen? Der Moraltheologe und Sozialethiker Martin Schneider hat Ideen – und verweist auf die Verfassung.

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Der Sozialethiker Martin Schneider mahnt die Kirchen, bei ihren Immobilienstrategien soziale Aspekte stärker zu berücksichtigen. Diese Forderung ergebe sich aus dem Grundgesetz, sagte Schneider am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Stuttgart. Er verwies darauf, dass in Artikel 14 der Verfassung die Sozialpflichtigkeit des Eigentums festgeschrieben ist. Darin heißt es: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."

Zudem hätten sich die evangelische und die katholische Kirche schon im gemeinsamen Sozialwort von 1997 verpflichtet, "in der Orientierung am Gemeinwohl Grundstücke für öffentliche und soziale Zwecke, vornehmlich für den sozialen Wohnungsbau gegebenenfalls in Erbpacht, zur Verfügung zu stellen". Schneider betonte, dass solche sozialethischen Aspekte in kirchlichen Immobilienstrategien bislang nur in Ansätzen in den Blick kämen. Dies sollte aber immer der Fall sein, wenn Pfarrheime oder Pfarrhäuser zu Mietobjekten umgewandelt würden, forderte der Professor für Moraltheologie und Christliche Sozialethik an der Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Neue, vernetzte kirchliche Praxis

Kirchen könnten ihrer sozialen Verantwortung dadurch gerecht werden, "dass Pfarrhäuser und Wohnungen beispielsweise für Wohngemeinschaften von Studierenden und Auszubildenden oder für die Unterbringung von Flüchtenden freigegeben werden". Würden bisher für die Seelsorge genutzte Immobilien wie Pfarrheime, Pfarrhäuser, Kirchen und Kapellen stärker als "Sozialraum" betrachtet, könne daraus eine neue, vernetzte kirchliche Praxis entstehen. Mit karitativen Verbänden, den Kommunen oder Genossenschaften könnten Kooperationen und gemeinsame Nutzungen vereinbart werden.

Zudem müssten die Kirchen ihre Verantwortung gegenüber künftigen Generationen ernster nehmen als bisher, mahnte der Sozialethiker. Bei der "Verwertung oder Umnutzung von Gebäuden" müssten sich die Kirchen am Ziel der Klimaneutralität orientieren. Nur wenn die Kirchen "gesellschaftlich verantwortlich" agierten, sei auch ihre Immobilienstrategie glaubwürdig. Zum Umgang der Kirchen mit ihren Immobilien sprach Schneider auch am Mittwochabend beim ökumenischen Dialogforum der Kirchen in der Region Stuttgart. (KNA)