In Görlitz hat die deutsch-polnische Kontaktgruppe der Bischöfe getagt

Die Stadt der Brückenbauer

Veröffentlicht am 21.05.2015 um 15:50 Uhr – Von Markus Kremser (KNA) – Lesedauer: 
Deutsch-Polnische Freundschaft

Görlitz ‐ Vor einigen Jahrzehnten wäre es noch eine Sensation gewesen: Deutsche und Polen schlendern gemeinsam durch die Grenzstadt Görlitz. Dort hat sich die deutsch-polnische Kontaktgruppe der Bischöfe getroffen.

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"Ich war 1970 schon mal hier. Da sah es nicht so schön aus", sagt der Erzbischof von Kattowitz, Wiktor Skworc. Er gehört zur "Kontaktgruppe" deutscher und polnischer Bischöfe, die sich bis Donnerstag in der Neißestadt getroffen haben. Unter anderem berieten sie über ihre im Herbst geplanten Veranstaltungen zum Gedenken an den Briefwechsel ihrer beider Bischofskonferenzen vor 50 Jahren. Die Dokumente gelten als Meilenstein der Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen.

Die Grenze war das Ende der Freundschaft

Skworc erinnert daran, dass in den 70er Jahren die Oder-Neiße-Grenze, die mitten durch das historische Stadtgebiet verläuft, im Sprachgebrauch der Kommunisten "Grenze der Freundschaft" hieß. Die Doppeldeutigkeit ist dem polnischen Erzbischof noch genau in Erinnerung: "Es war tatsächlich das Ende der Freundschaft. Hier fing die Kontrolle an", sagt Skworc zu seinen Begleitern, dem Warschauer Kardinal Kazimierz Nycz, dem Bischof von Gliwice (Gleiwitz), Jan Kopiec, sowie dem Bamberger Erzbischof Ludwig Schick und dem Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt.

Nur rund 300 Meter von der Grenze entfernt empfängt sie der Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege. Er erzählt vom deutsch-polnischen Miteinander im Jahr 25 nach der "Wende". Die Stadtbrücke, die jetzt das deutsche Görlitz mit dem polnischen Zgorzelec verbindet, trägt den Namen von Papst Johannes Paul II. Am Augustum-Annen-Gymnasium können die Schüler seit einem Jahr einen Abschluss machen, mit dem sie in beiden Ländern studieren können.

Regelmäßige Grenzkontrollen gibt es nicht mehr. Überdies wächst die 55.000-Einwohner-Stadt Görlitz, die seit Jahrzehnten unter Abwanderung litt, seit wenigen Jahren wieder durch den Zuzug von Polen. Das kommt auch der Kirche zugute. "Um die Integration dieser Katholiken sind wir bemüht", erläutert Bischof Ipolt. "Wir treffen uns dazu regelmäßig mit den benachbarten polnischen Seelsorgern."

Die deutsch-polnische Kontaktgruppe der Bischöfe
Bild: ©KNA

Die deutsch-polnische Kontaktgruppe bei einem Treffen am 20. Mai 2015 in Görlitz (v.l.): Wiktor Skworc, Erzbischof von Kattowitz, Wolgang Ipolt, Bischof von Görlitz, Kazimierz Kardinal Nycz, Erzbischof von Warschau, Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg, und Jan Kopiec, Bischof von Gleiwitz.

Seit 1995 trifft sich die deutsch-polnische Kontaktgruppe schon zum 21. Mal, um über kirchliche und gesellschaftliche Fragen zu beraten. Erstmals sind sie in Görlitz zusammengekommen. Für Erzbischof Schick ist es der perfekte Ort für solch eine Begegnung: "Mit ihren Stadtteilen in beiden Staaten verbindet sie tatsächlich Deutschland und Polen, West- und Osteuropa viel intensiver als irgendein anderer Ort." Der östlich der Neiße gelegene Teil des alten Görlitz bildet seit 1945 die eigenständige polnische Stadt Zgorzelec.

Schick betont, dass die Aufgabe der Kontaktgruppe weit über die Pflege der deutsch-polnischen Beziehungen hinausreiche: "Wir tun das für ganz Europa." Es solle ein Kontinent sein, von dem Frieden ausgeht. Dazu gehöre die Versöhnung. Den Briefwechsel von 1965, in dem die polnischen Bischöfe auf ihre deutschen Amtsbrüder mit dem Satz "Wir vergeben und bitten um Vergebung" zugingen, würdigt Schick als entscheidenden Schritt zur Aussöhnung beider Völker. "Versöhnung ist aber nichts, was man irgendwie abschließt, was zu Ende ist", betont der Bamberger Erzbischof zugleich. Versöhnung bedeute, immer wieder Brücken zu bauen.

Eine besondere Brückenfunktion kommt auch dem Bistum Görlitz zu, Deutschlands östlichster Diözese. "Die enge Zusammenarbeit der Bistümer Legnica und Görlitz nehmen wir aufmerksam wahr", erklärt Skworc. Und Kardinal Nycz ergänzt: "Noch vor wenigen Jahrzehnten haben Brücken getrennt, heute verbinden sie. Noch wichtiger aber sind die Brückenbauer auf beiden Seiten."

Von Markus Kremser (KNA)