"Große Sensation": Über 1.200 Jahre alter Kelch kommt nach Deutschland
Die Ausstellungsmacher sprechen von einer "großen Sensation": Denn der Tassilo-Liutpirc-Kelch ist vom 7. Mai bis 16. Juni in der bayerischen Landesausstellung "Tassilo, Korbinian und der Bär" auf dem Freisinger Domberg zu sehen. Er gelte als Schlüsselobjekt des frühmittelalterlichen Bayerns und als eines der wichtigsten der gesamten Landesgeschichte, wie das Haus der Bayerischen Geschichte am Mittwoch in Augsburg mitteilte.
Aufbewahrt wird der prunkvolle Messkelch demnach seit gut 1.000 Jahren im Stift Kremsmünster in Oberösterreich. Dort kommt er vor dem Transport noch einmal am Gründonnerstag zum Einsatz, wenn im Gottesdienst an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern erinnert wird.
Wohl für Salzburger Dom vorgesehen
Das Bildprogramm des Kelchs hab das himmlische Jerusalem zum Inhalt und sei wie ein Gebäude aufgebaut, heißt es. Die Bildmedaillons zeigen etwa die vier Evangelisten, die Muttergottes und Johannes den Täufer. Sie stehen in italienischer Kunsttradition. Um sie herum ist der Kelch mit verschlungenen Weinranken und S-förmigen sogenannten Greiftieren geschmückt. Diese Verzierungen kommen aus dem angelsächsisch-irischen Bereich. Auf bayerischem Boden haben sich den Angaben nach beide Kunstschulen verbunden: zum Stil von Herzog Tassilos Hofschule.
Gestiftet hat den Kelch der bayerische Herzog Tassilo III. aus der Sippe der Agilolfinger und seine Frau Liutpirc, eine langobardische Königstochter. Beide sind in einer lateinischen Inschrift auf dem Kelchfuß verewigt: "Tassilo, starker Herzog – Liutpirc, königlicher Spross". Politisch strebte Tassilo Eigenständigkeit an und beherrschte sein Herzogtum wie ein König, heißt es. Dementsprechend sei der Kelch wohl für den 774 neu geweihten Salzburger Dom vorgesehen gewesen. Er hätte die zentrale Krönungs- und Grabeskirche der Agilofinger werden können.
Nach Tassilos Absetzung durch den Frankenkönig Karl im Jahr 788 wurden seine Schätze verstreut. Vermutlich wurde der Kelch nach Kremsmünster gerettet, da das Kloster eine Gründung des Herrschers gewesen sei. Die Patres dort begehen am 11. Dezember, dem Todestag des Herzogs, immer das Stifterfest. Auch dafür wird der Kelch regelmäßig aus der Verwahrung geholt. (KNA)