"Größer als Elvis"
"Unsere Kapelle, das Refektorium und die Schlafgemächer reichen nicht aus, um weitere Novizen aufzunehmen", beschreibt Äbtissin Lucia Kuppens die Situation in dem 1947 gegründeten Kloster. "Wir müssen für die Zukunft investieren." Die Kosten für die notwendigen Neu-, Umbau- und Sanierungsarbeiten auf dem Gelände der ehemaligen Fabrik summieren sich auf rund neun Millionen Dollar (8,2 Millionen Euro).
Von schimmeligen Wänden über morsche Holzböden bis zu im Winter eingefrorenen Wasserleitungen muss so ziemlich alles in dem Gebäudekomplex generalüberholt werden. Die 76-jährige Schwester Dolores ist zu einem großen Teil mitverantwortlich für das Problem. Denn die charismatische Ordensfrau zieht bis heute junge Frauen an wie ein Magnet.
Schillernde Geschichte im Dienst der Benediktinerinnen
Zum Beispiel Judith Pinco, die als professionelle Sängerin Karriere in Hollywood machte. Dann las sie zufällig von der "Nonne, die Elvis küsste" - und folgte dieser dann ins Kloster von Bethlehem. Heute arbeitet sie als persönliche Assistentin der berühmten Ordensfrau, die ihre schillernde Lebensgeschichte ganz in den Dienst der Benediktinerinnen stellt, um ihrer Gemeinschaft "neue Horizonte" zu eröffnen. Genau so heißt die "Phase zwei" des Umbauprojekts, das nun ansteht, nachdem die dringendsten Arbeiten zur Erfüllung der Sicherheits- und Feuerschutz-Auflagen abgeschlossen sind.
Wie schon so oft erzählt Schwester Dolores noch einmal ihre unglaubliche Geschichte, die sie 2011 in einer Autobiografie zu Papier brachte und die Grundlage einer oscarnominierten Doku wurde. Sie berichtet vom kometenhaften Aufstieg der bildhübschen Dolores Hart in Hollywood. Agenten hatten die damals 18-Jährige als Partnerin für Elvis Presley in dem Liebesfilm "Loving You" (1957) auserkoren.
An einer Stelle war ein Kuss mit dem Superstar vorgesehen. "Meine und seine Ohren wurden so rot, dass sie überschminkt werden mussten", erzählt Schwester Dolores im TV-Sender ABC. Doch statt an diesen Erfolg anzuknüpfen, schmiss Dolores ihre Karriere, verließ ihren Verlobten und trat mit 24 Jahren als Novizin in den Benediktinerorden ein. "Gott ist größer als Elvis", so postuliert der Titel der Dokumentation, die eindringlich ihre Entscheidung nachzeichnet, ihr Leben in Gebet und Arbeit zu verbringen.
Mit Zuversicht in die Zukunft
Als Schwester Dolores bei einem ihrer vielen öffentlichen Auftritte das Publikum bat, ihrer Gemeinschaft finanziell zu helfen, dauerte es nicht lange, bis die ersten Schecks im Kloster von Bethlehem eintrudelten. Sogar vom anderen Ende der Welt, aus Neuseeland, traf eine Spende über umgerechnet 2.750 Euro ein.
"Die Elvis-Fans haben nicht unbedingt viel Geld, aber sie haben gerne gegeben und eine Menge Liebe mitgeschickt", sagt die rührige Ordensfrau, die nun noch einmal die Werbetrommel rührt. Ihre Mitschwestern ruhten sich derweil nicht auf der Anziehungskraft von Schwester Dolores aus, sondern ließen sich von ihr inspirieren. Sie mobilisierten viele bislang unentdeckte Talente.
Die Klostergemeinschaft verfügt nun über eine moderne Website, steht Medienvertretern zu Gesprächen zur Verfügung, produziert Töpferwaren, feinen Käse und CDs mit Aufnahmen der eigenen Chormusik. "Wir wissen jetzt, dass wir es schaffen können", freut sich Äbtissin Lucia in den US-Medien. "Wir haben an Mut und Zuversicht gewonnen."
Der Optimismus scheint gerechtfertigt. Binnen weniger Wochen gelang es den Benediktinerinnen, ihrem ehrgeizigen Ziel näherzukommen und umgerechnet rund 2,75 Millionen Euro einzunehmen. Schwester Dolores ist sich sicher, dass es am Ende reichen wird - auch dank eines Kusses vor 58 Jahren und seiner unerwarteten Konsequenzen.