Bischof Bätzing: "Ein Segen für unsere Kirche"

Diakoninnen in den Startlöchern: Mehr Lust als Frust

Veröffentlicht am 04.05.2024 um 00:01 Uhr – Von Angelika Prauß und Roland Juchem (KNA) – Lesedauer: 

Bonn ‐ Einmal mehr haben katholische Frauen den jüngsten "Tag der Diakonin" genutzt, um für ihr Anliegen zu werben. In den Frust über die ausbleibende Weihe von Frauen für das Amt mischt sich aber auch verhaltener Optimismus.

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Taufen, verheiraten, beerdigen und predigen – bisher sind die durch Weihe übertragenen Ämter des Diakons ausschließlich Männern vorbehalten. Noch. Katholische Frauen hoffen, dass sich das bald ändert. "Es ist momentan viel in Bewegung", sagt Brigitte Schmidt. Die ehemalige Pastoralreferentin hat als Geistliche Begleiterin die dritte Fortbildung "Diakonische Leitungsdienste für Frauen" mit ausgebildet.

"Wir haben starken Rückenwind durch den Synodalen Weg bekommen", erklärt die Bonnerin. Die letzte Synodalversammlung im März 2023 habe beschlossen, dass sich die deutschen Bischöfe für das Diakonat der Frauen in Rom einsetzen; und auch bei der Weltsynode im Herbst 2023 sei das Thema wieder auf der Agenda gewesen. Es habe die Hoffnung gegeben, dass das Frauendiakonat 2024 endgültig bearbeitet werde, da habe der Papst nochmal eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Das Ergebnis werde nun für 2025 erwartet, "aber es ist immer noch auf der Agenda", freut sich Schmidt.

Vorsichtig optimistisch zeigt sich Synoden-Untersekretärin Nathalie Becquart. Sie ist der Auffassung, dass die Entscheidung über das Frauendiakonat den Ortskirchen überlassen werden könnte. Schließlich habe das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) nach vielen Jahrhunderten auch das Ständige Diakonat für Männer wiedereingeführt. Den nationalen Bischofskonferenzen und Diözesen sei damals freigestellt worden, ob sie dieses – wie seit 1968 in Deutschland – umsetzen wollten, so die französische Ordensfrau.

Die Untersekretärin der Bischofssynode, Nathalie Becquart
Bild: ©privat

Entscheiden die Ortskirchen bald über die Frauenweihe? Nathalie Becquart kann sich das vorstellen. Sie ist seit Februar 2021 Untersekretärin der Bischofssynode.

Zuversichtlich ist auch die US-Theologin Phyllis Zagano. Für sie ist das Diakonat für Frauen nur eine Frage der Zeit. Es gehe dabei nicht mehr um das "Ob", sondern vielmehr das "Wann", sagte die Theologin, die 2016 selbst Mitglied einer päpstlichen Kommission zur Diakonats-Frage war, im Podcast "Himmelklar". Die Öffnung des Diakonats für Frauen sei ein notwendiger Schritt der Kirche; auch viele Offizielle im Vatikan hätten ihr das im Gespräch bestätigt. Das könne eine nationale Bischofskonferenz selbst entscheiden, und müsse dies nur in Rom anmelden, "und Rom würde zustimmen", so Zaganos Einschätzung. Die frühe Kirche habe in den ersten Jahrhunderten nachweislich Frauen zu Diakoninnen geweiht.

In Deutschland gibt es bereits rund 40 ausgebildete Frauen, die in den Startlöchern stehen. 13 Absolventinnen haben gerade erst die dreijährige Fortbildung abgeschlossen: Medizinerinnen, Religionslehrerinnen, Krankenhausseelsorgerinnen, eine Hebamme. "Persönlichkeiten aus ganz unterschiedlichen Berufsfeldern und mit ganz verschiedenen familiären Hintergründen", sagt Schmidt.

Bild: ©Gabriele Greef

Teilnehmerinnen des dritten Kurses "Fortbildung: Diakonische Leitungsdienste für Frauen in der Kirche" in Waldbreitbach.

Eine von ihnen ist Andrea Tüllinghoff aus Osnabrück. Die 63-Jährige unterrichtet Religion und Mathematik an der Angela-Schule, einem Gymnasium in Trägerschaft des Bistums. Das Interesse an dem Diakoninnenprojekt wuchs bei Tüllinghoff langsam. "Schon als Kind hat es mich geärgert, dass ich als Mädchen vieles in der Kirche nicht machen durfte", sagt sie - energisch, aber nicht verbittert.

An ihrer Schule koordiniert sie die Partnerschaft mit einer Schule in der peruanischen Hauptstadt Lima und engagiert sich bei "Balu und Du", einem Mentoringprogramm der Universität Osnabrück für Grundschulkinder. Auch in ihrer Pfarrgemeinde Christus König ist die vierfache Mutter – und inzwischen vierfache Großmutter – in der Eine-Welt-Arbeit aktiv. Zusätzlich startete sie vor einigen Jahren in der Gemeinde eine inklusive Freizeitgruppe für Jugendliche, für die sie auch einige ihrer Schülerinnen gewinnen konnte. 

Tüllinghoff ist ein Beispiel für die große Bandbreite an Projekten, die die 13 Absolventinnen der Fortbildung angestoßen haben, erklärt Schmidt. "Sie hatten – ganz im diakonischen Sinne – viele gute und kreative Ideen, Menschen nahe zu sein – mit offenem Ohr und einer helfenden Hand." Auch ohne die Weihe hätten die Frauen viel für sich gewonnen – spirituell, fachlich und menschlich, beschreibt die Pastoralreferentin die Rückmeldungen.

Thema sei schon lange auf der Agenda

"Wie kann diese Kirche auf diese große Gabe der Frauen verzichten? Auf Frauen, die so tief geistlich verwurzelt sind in ihrer Christus-Beziehung?", fragt sich die 65-Jährige. "Dass das nicht wertgeschätzt und anerkannt wird, verletzt die Frauen immer wieder." Und auch, dass sich die Entscheidung zum Thema Diakonat so lange hinzieht. Die Würzburger Synode habe das Thema bereits vor 50 Jahren auf der Agenda gehabt.

1999 und 2003 startete ein jeweils dreijähriger Kurs – noch mit innerkirchlichem Gegenwind. Inzwischen sei die Fortbildung "raus aus der katholischen Schmuddelecke", berichtet Schmidt, von Beginn an Mitglied im 1997 gegründeten Netzwerk Diakonat der Frau.

Theologin zu Frauendiakonat: Geht nicht um "ob" – sondern um "wann"

Frauen können zu Diakoninnen geweiht werden, ist die amerikanische Theologin Phyllis Zagano überzeugt. 2016 saß sie in der vom Papst beauftragten Kommission, die klären sollte, ob die Kirche Diakoninnen bekommen soll. Forderungen nach der Priesterweihe für Frauen sieht sie jedoch durchaus kritisch.

Ermutigt und bestärkt sind sie und die Absolventinnen auch von der Abschlussmesse am 13. April mit dem Essener Weihbischof Ludger Schepers – "das erste Mal mit einem deutschen Bischof – nicht klammheimlich, sondern ganz offiziell mit Mitra und Hirtenstab". Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, habe jede Absolventin in einem Glückwunschschreiben handschriftlich wissen lassen: "Sie sind ein Segen für die Kirche". Für die Frauen sei das ein Ausdruck von großer Wertschätzung. "Wir sind beflügelt", sagt Schmidt.

Rückendeckung vom Gemeindepfarrer

Dennoch sind sie und die Absolventinnen realistisch: "Es ist noch nicht so weit, und es liegt nicht in unserer Hand." Gleichwohl habe das Netzwerk der Kirche einen wichtigen Dienst erwiesen, sagt Schmidt. "Solche konkreten Kurse zum Diakonat der Frau gibt es in anderen Ländern bislang nicht." Die zertifizierten Teilnehmerinnen wären auf jeden Fall mal vorbereitet. Tüllinghoffs Gemeindepfarrer Alexander Bergel jedenfalls sagte bei seiner Gratulation: "Wenn Rom irgendwann das Signal gibt, dass Frauen zu Diakoninnen geweiht werden können – wir hätten dann schon eine Kandidatin!"

"Schauen wir mal, was sich in der Weltsynode entwickelt – wir vertrauen darauf, dass Gottes Geistkraft da am Wirken ist", sagt Schmidt. An den Frauen soll es jedenfalls nicht liegen – bereits jetzt hätten sich weitere Interessentinnen für die Fortbildung gemeldet. "Aber mehr noch als einen weiteren Kurs für das Diakonat der Frau wünsche ich mir eine gemeinsame Ausbildung für Männer und Frauen."

Von Angelika Prauß und Roland Juchem (KNA)