Seit 2015 steht der Rheinländer der Hauptstadtdiözese vor

Solide, sensibel, sympathisch: Berlins Erzbischof Heiner Koch wird 70

Veröffentlicht am 13.06.2024 um 00:01 Uhr – Von Stefan Meetschen (KNA) – Lesedauer: 

Berlin ‐ Der Berliner Erzbischof Heiner Koch verkündet die Frohe Botschaft mit Augenmaß. Dabei helfen ihm vielleicht auch sein Fußballwissen und seine rheinländische Herkunft. Am heutigen Donnerstag wird der Hauptstadtbischof 70 Jahre alt.

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Es war kurz vor dem Weltjugendtag 2005 in Köln: Der Malteser Hilfsdienst bat den damaligen Generalsekretär der internationalen Veranstaltung, Heiner Koch, um die Segnung von Einsatzfahrzeugen für das internationale Jugendtreffen – und Koch kam, sah und segnete. Ganz normal, ohne fromme Show. Fokussiert auf den priesterlichen Dienst, freundlich zu den Menschen.

Schon bald nach dem Mega-Event wurde der gebürtige Düsseldorfer zum Kölner Weihbischof ernannt. 2013 dann zum Bischof von Dresden-Meißen und 2015 schließlich zum Erzbischof von Berlin. Eine steile Kirchenkarriere – ganz ohne Skandale und ohne selbstdarstellerische Auftritte. Solide, sensibel, sympathisch.

"Freut euch allezeit, der Herr ist nahe"

"Mer muss och jünne künne" ("Man muss auch gönnen können"): Diese Urweisheit der rheinischen Philosophie und Toleranz scheint auch im Leben und Wirken von Erzbischof Koch mitzuschwingen. Denn: So scharf er den kirchlichen Dienst auch immer wieder von religiösen oder politischen Fanatikern und Extremisten abgrenzt, die Hauptmelodie seiner Verkündigung ist der Mensch und das menschliche Sein – die Freude über ein Leben in Gottes Gegenwart. Wie es auch in seinem bischöflichen Motto "Gaudete semper Dominus prope" ("Freut euch allezeit, der Herr ist nahe") aufscheint.

Bild: ©katholisch.de/stz

Seit 2015 ist Heiner Koch Erzbischof von Berlin.

Düstere Worte, die den Menschen richten, wird man von Heiner Koch nicht hören. Was nicht bedeutet, dass er das Verwischen von ethischen Grenzen und Unterschieden gutheißt. Gut zu erleben in diesem Jahr bei einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Gefragt, was er vom Vorhaben der Bundesregierung halte, Frauen besser vor radikalen Abtreibungsgegnern zu schützen, sagte Koch: "Ich halte einen Spießrutenlauf von Frauen vor Beratungsstellen und Abtreibungspraxen für unzumutbar". Er sei dagegen, wenn Abtreibungsgegner laut und aggressiv Gebete als Machtdemonstration missbrauchten.

Er sei aber auch "sehr sensibel", wenn man das Recht, für den Schutz des ungeborenen Lebens zu demonstrieren, beschränken wolle. Immerhin ist Koch derjenige, der in der Deutschen Bischofskonferenz die Kommission für Ehe und Familie leitet. Ein Herzensanliegen für ihn – keine Pflichtaufgabe.

Differenzierter Blick auf die geplanten Verantwortungsgemeinschaften

Genauso sensibel und differenziert fiel seine Aussage zu den von der Bundesregierung geplanten Verantwortungsgemeinschaften aus. Er sehe darin keine "Ehe light", bekräftigte Koch. Die Befürchtung habe er gehabt, doch dies habe sich nicht bestätigt: "Dieses Gesetz könnte ein Fortschritt sein." Füreinander Verantwortung zu übernehmen, sei ja grundsätzlich etwas sehr Positives. "Und dass es dafür einen rechtlichen Schutz geben soll, das halte ich für unterstützenswert."

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Heiner Koch hält den Ball auch bei innerkirchlichen Reizthemen stets flach. Wissend um die Würde jedes Menschen, die Dynamiken und Grenzen des Katholizismus.

So ausgewogen und klug die ethischen Perspektiven der kirchlichen Lehre in der modernen Lebenswirklichkeit darlegen zu können, verdankt Koch vermutlich nicht nur dem Studium der Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften. Vermutlich auch nicht nur dem besonnenen Einfluss eines Vaters, der als Justizamtsrat in Düsseldorf die Paragrafen abzuwägen hatte – vielleicht ist der bekennende Fortuna-Düsseldorf-Fan Heiner Koch auch durch den Sport auf dem grünen Rasen zur angemessenen Diskurs-Kultur bei der Verkündigung angeregt worden.

Man kann nicht immer nur stur nach rechts oder links, nach vorn oder nach hinten spielen. Intelligenter Fußball besteht aus einer Variation von Pässen, Flanken und Torschüssen in alle Richtungen und dem Wissen um die Regeln und die Taktik desjenigen, mit dem man gerade spielt.

Bei innerkirchlichen Reizthemen hält er den Ball stets flach

Anders als sein langjähriger Kölner "Coach", Kardinal Joachim Meisner, hat Heiner Koch niemals mit seinen verbalen Spielzügen oder Dribblings für Entrüstung gesorgt. Er hält den Ball auch bei innerkirchlichen Reizthemen wie Zölibat, Priestertum der Frau und Homosexualität stets flach. Wissend um die Würde jedes Menschen, die Dynamiken und Grenzen des Katholizismus.

Wenn Heiner Koch an diesem Donnerstag sein 70. Lebensjahr vollendet, hat er viele Gründe, dankbar auf seine bisherige Spielzeit zu schauen. Gefeiert wird an diesem Tag um 17 Uhr mit einem Gottesdienst in Sankt Matthias in Berlin-Schöneberg. Danach gibt es einen Empfang in der benachbarten Sankt-Franziskus-Schule.

Von Stefan Meetschen (KNA)