Vom Umgang mit Stürmen
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Was mache ich, wenn die Krise kommt? Wenn aus Freundschaft plötzlich Vorwürfe werden, aus Fußball ein Gipsbein oder aus demokratischen Protesten gewalttätige Jugendliche? Die Jünger jedenfalls machen das, was wir meistens auch tun: Vorwürfe. Nicht gegen sich, sondern gegen "die Oberen" – in dem Fall Jesus. Wenn in unserem Leben etwas schiefgeht, suchen wir zuerst ganz schnell die Schuld oder/und vermeintlich Schuldigen. Wenn wir krank werden, ist die Ernährung schuld oder "toxische Beziehungen". Ein Wanderunfall ist kein Unfall, sondern die Wege waren schlecht ausgezeichnet. Verlieren wir ein Spiel bei der EM, hatten nicht die Gegner Glück vorm Tor, sondern der Trainer hat die Mannschaft falsch aufgestellt. Eines haben all diese ersten Reaktionen gemeinsam: Sie machen nichts besser. Allenfalls noch schlechter, weil zu der schwierigen Situation noch alte Beziehungsprobleme oder Grundsatzdiskussionen neu aufbrechen. Ignatius von Loyola stellt in seinem Exerzitienbuch dazu nüchtern fest, dass in Wahl- und Krisenzeiten der "böse Geist" – also die fiese innere Stimme in uns – gerne mit Zeitdruck und Schuld arbeitet und Probleme gerne kompliziert macht. Was hilft da?
Die Spezialisten für Krisen und Stresssituationen, unsere Soldat:innen, haben für solche Stürme und Krisen eine simple Lösung: Erstmal drüber schlafen. "Die Beschwerde darf frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden." heißt es in §6 Abs1. Der Wehrbeschwerdeordnung. So macht das auch Jesus: Erstmal schlafen. Schlafen bedeutet in dem Fall: Abstand gewinnen. Nicht überstürzt handeln. Mit vertrauten Personen reden. Den Kopf frei kriegen. Was anderes denken. Vor allem: sich erholen. Auch das passt zu Ignatius: Der gute Geist nimmt die eigene Verantwortung an und macht Dinge klarer, freier. Und wer von beiden lauter ist – der gute oder der böse Geist – regelt sich am besten über Nacht.
Wenn ich mich ärgere – und das geht bei mir leider schnell und dann mit viel Dynamik – mache ich das inzwischen genauso: Ich schreibe die wütende Mail oder WhatsApp – und schicke sie NICHT ab. Ich rede mit Freunden, gehe heim, lenke mich ab, schlafe. Am nächsten Morgen gehe ich dann mit meiner Wut und inneren Diskussion zum Sport – und alles, was dann ich am Rudergerät, mit den Hanteln oder am Beinstrecker noch sagen und argumentieren kann, ist bis dahin meist zumindest schon beleidigungsfrei. Und dann, erst dann, lese ich die Mail nochmal, ändere sie, lösche sie vielleicht und rufe am besten direkt an. Und erstaunlicherweise ergeben sich dann oft sehr gute Gespräche mit der Person, über die ich mich vorher noch stundenlang aufgeregt habe – was für ein Wunder!
Evangelium nach Markus (Mk 4,35-41)
Am Abend dieses Tages sagte er zu ihnen: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren. Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg; und andere Boote begleiteten ihn. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm und die Wellen schlugen in das Boot, sodass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen? Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander: Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen?
Die Autorin
Sr. Birgit Stollhoff CJ gehört dem Orden Congregatio Jesu (auch bekannt als Mary-Ward-Schwestern) an, ist Leiterin des Jugendpastoralen Zentrums "Tabor" in Hannover und macht derzeit daneben die Ausbildung zur Pastoralreferentin im Bistum Hildesheim.
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