Missbrauchsbetroffene erneuern Rücktrittsforderung an Bischof Meister
Missbrauchsbetroffene haben ihre Rücktrittsforderung an den hannoverschen Landesbischof Ralf Meister bekräftigt und ein Gesprächsangebot des evangelischen Bischofs abgelehnt. "Wir werden die Einladung nicht annehmen", erklärte die Initiative am Freitag in Hannover in einem Offenen Brief. "Wir haben Bischof Meister nicht um eine Audienz gebeten." Ein Rücktritt ist aus Sicht der Betroffenen mehr denn je "die einzig verantwortungsvolle Option". Die Initiative hatte bereits Anfang Juni vor den Beratungen der Synode den Rücktritt des 62-Jährigen verlangt. Er müsse die Konsequenzen aus einem unzureichenden Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen ziehen, hieß es damals.
Die hannoversche Landeskirche wollte sich zu der erneuten Forderung nicht äußern und verwies auf Beschlüsse der Synode, des Kirchenparlaments, mit denen sie die Arbeit gegen sexualisierte Gewalt in der Kirche stärken will. Bischof Meister steht seit 2011 an der Spitze der größten der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Die kirchenleitenden Gremien hatten sich Anfang Juni hinter den Bischof gestellt.
Die Betroffenen-Initiative kritisiert, dass bei der Synoden-Debatte zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche am 7. Juni im Kloster Loccum nur vier Betroffene eingeladen worden seien, davon drei erst spontan nach dem Bekanntwerden der Rücktrittsforderung. Von ihnen habe nur eine Betroffene vor dem Kirchenparlament sprechen können. Die drei spontan Hinzugekommenen hätten kein öffentliches Rederecht gehabt. Die Landeskirche spricht offiziell von 122 Fällen von sexualisierter Gewalt mit mindestens 140 Betroffenen seit 1946.
"Brauchen nicht mehr vom Gleichen, sondern etwas völlig anderes"
Vor der Synode wurde unter anderem angekündigt, dass die Fachstelle der Landeskirche für sexualisierte Gewalt weiter ausgebaut und personell aufgestockt werden soll. Dies scheine aber die Probleme nicht zu lösen, erklärten die Betroffenen. Die Fachstelle sei gegenwärtig bereits sehr großzügig aufgestellt. "Wir brauchen nicht mehr vom Gleichen, sondern etwas völlig anderes", forderte die Initiative.
Dazu gehöre ein Beschwerdemanagement im Umgang mit der Fachstelle, eine Ombudsstelle und Rechtsschutz. Der Datenschutz müsse zuverlässig beachtet werden. Nötig seien auch eine gänzlich unabhängige Meldestelle, eine klare, verlässliche und transparente Dokumentation der Missbrauchsfälle, eine Plattform zur unabhängigen Vernetzung der Betroffenen, Widerspruchsrechte in Anerkennungsverfahren sowie angemessene, transparente und nachvollziehbare Anerkennungszahlungen.
Die Landeskirche hatte nach der Synodentagung erklärt, sie wolle unter anderem die Präventionsarbeit ausbauen und einen Vorschlag erarbeiten, wie betroffene Personen an den Beratungsgängen des Kirchenparlaments beteiligt werden können. Auch theologische Fragen sollen gemeinsam mit Missbrauchsbetroffenen neu bedacht werden. (epd)