Zwischen Dolce Vita und deutscher Pünktlichkeit
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Samstag, Fazit, 07:45 Uhr
Immer wieder sagen Menschen, die Kirche sei am Ende. Aber ich habe Kirche noch nie so lebendig erlebt, wie in der letzten Woche. 50.000 Ministranten haben gezeigt, welche Gemeinschaft und Identifikation der Glaube hervorrufen kann. Was mir wohl am meisten in Erinnerung bleiben wird, ist die Hilfsbereitschaft und die Achtsamkeit der Jugendlichen. Viele schimpfen über die Jugend von heute. Ich kann das nicht nachvollziehen. Jeder hat geschaut, dass es den anderen gut geht, alle haben sich gegenseitig ans Trinken erinnert und aufeinander aufgepasst. Wer dachte, bei der Papstaudienz sei die Stimmung am Höhepunkt gewesen, der hat die Abschlussgottesdienste nicht erlebt. Eine Woche hatte man nun Zeit, seine Fangesänge zu üben und sie ertönen überall. Statt Ballermannhits wurde aus voller Kehle geschmettert: "Du bist mein Gott".
Getrübt wurde die ganze Veranstaltung tatsächlich durch die Hitze und die vielen Baustellen in der Stadt. So heiß war es bei den letzten Romwallfahrten nicht, wurde mir immer wieder versichert. Vielleicht trügt da aber auch nur die Erinnerung. Jedenfalls hat sie alles sehr erschwert, immer wieder hatten Minis Kreislaufprobleme und konnten nicht an Programmpunkten teilnehmen. Einige wollten vor der Audienz mit dem Papst nicht so lange auf dem Petersplatz in der Hitze stehen, waren aber dadurch so spät, dass sie es nicht mehr rechtzeitig durch die Sicherheitskontrollen geschafft haben. Im Petersdom wird alles für das Heilige Jahr vorbereitet, darum stehen überall Gerüste. Viele Metrostationen und Bahnhöfe sind in den italienischen Sommerferien wegen Renovierung geschlossen. Das Reisen zwischen den Sehenswürdigkeiten wurde dadurch ziemlich erschwert. Die meisten Italiener scheint es nicht gestört zu haben, wenn sie auch mal eineinhalb Stunden auf einen Bus warten mussten. Uns hat es aber mit den engen Zeitplänen immer wieder aus der Bahn geworfen.
Am Ende sind trotzdem alle ganz beseelt. Eine Ministrantin erzählt, dass das besser war als jedes Konzert oder Festival, auf dem sie je gewesen ist. Mit vielen (meist kitschigen) Souvenirs und noch mehr Erinnerungen im Gepäck geht es jetzt also wieder zurück. Und was mich angeht? Dolce Vita ist weiterhin nicht so meins. Der Spirit, der auf dieser Miniwallfahrt geherrscht hat, dafür um so mehr. Und damit sage ich: Ciao, Roma!
Freitag, Abschlussgottesdienste, 19:30 Uhr
Am Nachmittag und Abend hattem die Ministranten ihre Abschlussgottesdienste. Jedes Bistum ist in einer anderen Kirche über Rom verstreut untergebracht, 50.000 Minis müssen ja irgendwie verteilt werden. Ich habe den Abschlussgottesdienst in der Lateranbasilika besucht. Die Stimmung war trotz einer Woche Hitze und wenig Schlaf immer noch fantastisch. Alle saßen auf dem Boden, haben laut mitgesungen und ihre Fahnen geschwungen. So viele Jugendliche, die die Kirche feiern, ist ein Statement. Bischof Bertram Meier berichtet, dass er den Papst im Aufzug getroffen hat. Der habe ihm gesagt, er solle den Minis seine Begeisterung über die tolle Audienz weitergeben. Irgendwie glaube ich, dass der Papst dass nicht zu jeder Gruppe sagt. Denn unsere Minis waren wirklich toll.
Freitag, Petersdom II., 14:50 Uhr
Heute Morgen geht es für mich schon früh zu einer besonderen Begegnung: Ich bin mit Inga Renner verabredet, die im deutschen Pilgerbüro arbeitet. Sie hat die vatikanische Staatsbürgerschaft und kennt den Petersdom wie ihre Westentasche. Sie grüßt die Wächter mit Namen und wir brauchen nicht einmal anstehen. Mit unfassbarer Leidenschaft erklärt sie mir Details, auf die ich sonst nie geachtet hätte. Mit einer Taschenlampe hocken wir zum Beispiel auf dem Boden hinter der Eingangstür und können dort ganz klein die eingemeißelten Erbauer des Portals sehen. Vor dem Portal an der Decke befindet sich doch tatsächlich ein Bild von genau der Szene aus dem Evangelium, die beim Gottesdienst der Ministranten mit Papst Franziskus als Lesung genutzt wurde. Ganz wichtig ist es ihr, mir zu zeigen, dass der ganze Petersdom Christen aus aller Welt willkommen heißt. Das fängt schon beim Petersplatz an, auf dem die Säulen vom Dom aus so angeordnet sind, als würde Gott uns in seine Arme schließen. Im Petersdom selbst finden wir Inschriften, die auf Kirchen in der ganzen Welt verweisen. Faszinierend sind auch die Darstellungen der Verbindung von Himmel und Erde, die Auferstehungssymboliken, der Lichteinfall…
Sie merken, ich könnte noch stundenlang über diese Führung sprechen. Im Petersdom könnte man Wochen verbringen und man hätte noch nicht alles gesehen. Ich muss definitiv wiederkommen. 33-Fach gesegnet (so viele Figuren mit Segensgeste gibt es im Petersdom) gehe ich im Anschluss an das Grab von Benedikt XVI. Ich bin dort ganz alleine, während sich bei anderen Papstgräbern schon Grüppchen gebildet haben. Es waren um die Uhrzeit aber auch noch keine deutschen Ministranten da.
Auf direktem Weg geht es dann wieder ins Wallfahrtszentrum. Ich habe heute mal andere Schuhe angezogen und bereue es sofort: Meine Sohlen sind so dünn, dass ich mir auf dem heißen Asphalt fast die Füße verbrenne. Wenigstens hat mir Frau Renner erzählt, dass es auch für Römer in diesem Jahr außergewöhnlich heiß ist.
Donnerstag, Petersdom, 18:45 Uhr
Transportmittel sind auf dieser Reise irgendwie nicht meine besten Freunde. Nachdem jeder unserer 54 Ministranten nochmal auf der Toilette war (und als der letzte fertig war, musste quasi der erste schon wieder), sollte es zurück nach Rom gehen. In der Bahn war es heiß und das Ruckeln auf den Schienen nicht sehr vertrauenswürdig. Beim Umstieg musste ich zwei Bahnen ziehen lassen, weil schon so viele Menschen darin waren. Also war ich erst nachmittags wieder beim Vatikan. Ich bin dann in den Petersdom gegangen und war in besonderer Mission. Ich wollte unbedingt einen Internet-Trick ausprobieren, mit dem man Weihwasser aus dem Dom mit nach Hause nehmen kann. Es stellte sich heraus, dass man dafür absolut keinen Lifehack braucht. Ein Gang in den Souvenirshop reicht. Aber man hätte es sich theoretisch auch selbst abfüllen können. Dafür gibt es eine Art Glocke, gegen die man klopfen kann, damit das Wasser hygienisch bleibt. Jetzt hatte ich endlich Zeit, den Petersdom auch zu genießen. Es sieht wirklich magisch aus, wenn die Lichtstrahlen durch die Kuppel ins Innere leuchten. Dann begann auch noch eine Messe. Den festlichen Einzug des Priesters werde ich wohl nie vergessen!
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Donnerstag, Katakomben, 12:15 Uhr
Heute schließe ich mich einer Gruppe aus dem Bistum Trier an. Ist das entspannt, wenn man nicht selbst den Weg suchen muss, sondern die Gruppenleiter alles machen. In unserer Bahn möchte ich aber nicht als normaler Römer auf dem Weg zur Arbeit sitzen. Die Minis reißen stimmungstechnisch die Bude ab. Ich bin ehrlich: Ich hätte Angst, dass ich unterwegs mal wen verliere oder am Schluss falsche Kinder bei den Eltern abliefere. Aber die Leiter haben alles im Griff. Ihnen gilt mein absoluter Respekt!
In den Katakomben ist es wunderbar kühl. Es ist spannend zu sehen, wie sich die gezeigten Darstellungen des Glaubens von Zeit zu Zeit unterscheiden. Während der Christenverfolgung hat man Christus nur indirekt thematisiert. Die Auferstehung wurde zum Beispiel symbolisch durch die Geschichte um Jona dargestellt, der nach drei Tagen schließlich auch wieder aus dem Bauch des Wals herauskam. Auf Gemälden aus späterer Zeit sehen wir Christus häufig bei der Brotvermehrung. Daneben sind aber keine Dönerspieße aufgemalt, wie die Besucher raten, sondern Rosen. Während ich diesen Text schreibe, feiern die Ministranten noch eine Messe. Aber um meinen Rückweg muss ich mir heute keine Gedanken machen. Gruppenleiterin Luisa holt mich gleich wieder ab und bringt mich zurück nach Rom. Danach geht es für mich wieder alleine weiter. Aber ich bin guter Hoffnung, dass ich mich selbst bei den richtigen Eltern wieder abliefere, wenn sie mich am Samstag vom Flughafen abholen.
Mittwoch, "Ask the Bishop", 18:20 Uhr
Ich habe es gerade so zur Fragestunde mit Bischof Bätzing geschafft. Jeder konnte hier loswerden, was er schon immer einmal wissen wollte. Die Ministranten hat natürlich vor allem eins interessiert: Essen und Trinken. Bischof Bätzing mag Reibekuchen und Bier (natürlich alkoholfrei!). Hätten wir das auch geklärt. Aber auch kritische Fragen hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofkonferenz freimütig und eloquent (und vielleicht ein bisschen ausufernd) beantwortet. Die Jugendlichen haben hinterher noch Fotos mit ihm gemacht. Im Wallfahrtszentrum habe ich auch Johannes getroffen. Er hat gestern dem Papst die Hand geschüttelt. "Da geht schon ein Traum in Erfüllung", erklärt er glücklich. Ganz beschwingt von dieser Unterhaltung treibt es mich auf dem Rückweg zum Hotel in einen Souvenirladen. Hier gibt es T-Shirts mit dem Bild des Papstes und einem "Papa Francesco"-Aufdruck. "Kauf mich", sagt eine Stimme in mir und bevor ich mich selbst davon abhalten kann, ist auch schon das Portemonnaie gezückt. Damit gebe ich nächste Woche bei den Kollegen so richtig an. Die Verkäuferin erzählt mir, wie wichtig Papst Franziskus für die Römer ist. Ihr Sohn wurde nach der Hochzeit von ihm gesegnet. Sie will mit mir auch gleich zu der Kirche gehen, in der er geheiratet hat. Aber ich gehe lieber erstmal ins Bett …
Mittwoch, Castel Gandolfo, 12:00 Uhr
Ganz Italien ist eine einzige Baustelle. Um nach Castel Gandolfo zu kommen, muss ich mehrfach umsteigen – inklusive Schienenersatzverkehr. Auf dem Hinweg hat das ganz gut geklappt, vom Rückweg berichte ich später… Die Sommerresidenz der Päpste ist beeindruckend. Vor allem der geheime Garten, den Johannes Paul II. häufig zum Lesen genutzt hat, ist beeindruckend. Sogar die Gemächer des Papstes konnten wir anschauen, da Franziskus sie aktuell nicht nutzt. Ob es wirklich nötig war, die Reisegruppe auch durch das Schlafzimmer der Gäste zu führen, ist eine andere Frage… Im Hof sieht man verschiedene Papamobile der letzten Jahrzehnte. Eines sieht eher aus wie eine Vespa. Mit so einer würde ich jetzt auch gerne zurück nach Rom cruisen. Stattdessen musste ich zwei Kilometer über Stock und Stein zu einer Bushaltestelle laufen, an der ich jetzt seit einer Stunde warte. Ich hoffe, ich schaffe es noch rechtzeitig zur Fragestunde mit Bischof Bätzing.
Dienstag, Papstaudienz, 20:30 Uhr
Als ich auf dem Petersplatz ankomme, liegt etwas in der Luft. Und damit meine ich nicht den Geruch nach Sonnencreme und Schweiß (okay, der auch). Die Luft vibriert förmlich vor Aufregung. "Papa Francesco", rufen die Jugendlichen und klatschen. Fangesänge, die man so eher vom Fußball kennt. Es gibt auch ein Vorprogramm mit einem Sänger der Wise Guys. Und dann kommt endlich der Papst. Er lässt sich richtig viel Zeit, fast eineinhalb Stunden verbringt er dort. Und er findet wundervolle Worte: "Der Petersplatz ist immer schön, aber mit euch ist er noch schöner." Einige Ministranten dürfen auf dem Papamobil mitfahren. Anderen schüttelt er die Hand. Ganz beseelt sind am Ende alle. Übrigens auch ich. Als die Sonne langsam hinter dem Petersdom verschwindet und der Papst ein Gebet spricht, werde ich ganz emotional. Auch lange nach der Audienz sind die Straßen von Rom voller Messdiener. Viele setzten sich in Restaurants vor dem Vatikan und tauschen sich aus. Da geht es auch schon mal lauter zu, merke ich, während ich diesen Text in eben so einem Restaurant schreibe. Es wird über Tische und Bänke gerufen, die verschiedenen Gruppen connecten miteinander. Hier wird es richtig spürbar: Der Glaube verbindet. Das ist nicht nur ein schöner Spruch.
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Dienstag, Wallfahrtszentrum, 11:30 Uhr
Nachdem mir heute Morgen eine Gruppe abgesagt hat, weil sie mal eine Pause brauchten, habe ich die Zeit genutzt und das Naheliegendste getan: Ich habe dem Fegefeuer-Museum einen Besuch abgestattet. Davon berichte ich aber ein andermal auf katholisch.de (seien Sie gespannt!). Eigentlich hätte ich mir den Besuch aber auch sparen können, denn aktuell bei der Hitze fühlt sich eine Stunde auf dem Petersplatz auch nach Fegefeuer an… Danach ging es direkt ins Wallfahrtszentrum. Halleluja, hier gibt es Getränke und eine Klimaanlage. Beim Zirkusworkshop merke ich, was ich alles nicht kann. Aber eine der Ordensfrauen hat es voll drauf (siehe Video)! Natürlich hole ich mir auch noch ein Foto mit dem Papst ab. Okay, eventuell wurde der Papst auch in das Foto reingephotoshoppt.
Im Theater berichten die Minis von ihren schönsten Erlebnissen. Eine der älteren nennt Trastevere, das "Künstlerviertel". Der Rest ihrer Gruppe lacht. "Du meinst wohl eher das Kneipenviertel." Gleich stellt sich Bischof Gerber den Fragen der Jugendlichen. Sie sprechen momentan fast nur über ein Thema: Alle sind schon ganz aufgeregt, dass es heute Nachmittag zum Papst geht.
Montag, nach der Pressekonferenz, 16:00 Uhr
Das Thermometer klettert mittlerweile stellenweise auf über 40 Grad. Ich habe mir einen Fächer gekauft. So einen richtig kitschigen mit Sehenswürdigkeiten aus Rom drauf und roter Spitze. Der ist so hässlich, dass er schon fast wieder schön ist. Bei der Pressekonferenz wurden wir auch nochmal darauf hingewiesen, was alles bei der Hitze zu beachten ist. Vor allem morgen bei der Papstaudienz wird das noch herausfordernd. Da stehen wir nämlich stundenlang in der prallen Sonne. Über 50.000 Wasserflaschen haben die Organisatoren der Wallfahrt dafür eingekauft. Außerdem wird mit Feuerwehrschläuchen Wasser über die Menge gespritzt – auf den Part freue ich mich besonders. Jetzt geht es für mich erstmal zurück ins Hotel die Akkus auftanken: meinen, aber auch die der zahlreichen Mikros und Handys.
Montag, vor der Pressekonferenz, 12:09 Uhr
Ich hatte eine richtig schöne Zeit mit der Gruppe. Zunächst hat gar keiner gemerkt, dass ich mich ihnen angeschlossen hatte. Auf Grund meiner geringen Körpergröße dachten alle, ich bin auch ein Ministrant. Bis plötzlich der Gruppenleiter gefragt hat: "Wo ist eigentlich die Journalistin, die dazu kommen wollte?" Viel über Rom gelernt habe ich bei der Stadtrallye zwar nicht (auf meine Frage "Was ist das hier?" am Forum Romanum erhielt ich nur ein "Sowas steht hier öfter rum"), aber dafür habe ich erlebt, wie sich die Jugendlichen hier fühlen, wenn sie die Stadt erobern: kaputt. Sie fühlen sich kaputt, denn bei 40 Grad macht einem die Lauferei ganz schön zu schaffen. Aber auch der Teamspirit ist unglaublich hoch. Jeder achtet aufeinander, schaut, dass alle genug zu trinken haben und kümmert sich. Das hat mich wirklich beeindruckt. Leider musste ich viel zu schnell wieder los, denn gleich geht es für mich zur Auftaktpressekonferenz. Und es heißt für mich wieder: Laufen, denn natürlich hat genau die U-Bahn-Station vor meinem Hotel geschlossen.
Montag, Stadtrallye, 09:30 Uhr
Ich sitze auf einer Bank an der Piazza Venezia und warte auf Kaplan Lukas aus Leinefelde, der mit seiner Gruppe eine Morgenandacht und eine Stadtrallye machen wird. Allein die Busfahrt hierher war fantastisch. Ich habe das Forum Romanum vorbeiziehen sehen und finde es unglaublich faszinierend, wie die Menschen damals schon gelebt haben. So habe ich mir Rom vorgestellt. Neben den Sehenswürdigkeiten bin ich auch an ganz vielen Gruppen von Minis vorbeigekommen. Eventuell habe ich auch schon falsche Gruppen in der Annahme, es sei die von Kaplan Lukas, angequatscht… Egal, es fühlt sich gerade sowieso so an, als wären wir alle eine Riesen Reisegruppe mit 50.000 Personen. Da hinten sehe ich auch schon Kapla… obwohl… vielleicht doch nicht. Oder?
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Sonntag, Anreise (immer noch in Köln), 19:40 Uhr
Der Flug wurde noch weiter nach hinten verschoben. Ich male mir schon Horrorszenarien aus (für immer gestrandet am Flughafen à la Tom Hanks in "Terminal"), da treffe ich auf eine Ministrantengruppe aus Klettenberg, die weit Schlimmeres hinter sich hat. Sie wollten heute Morgen schon in Düsseldorf starten. Der Flug wurde gecancelt, der Reiseveranstalter per Anruf unter der Dusche weggeholt und die Jugendlichen wurden auf verschiedene Flüge verteilt. Die, die noch einen Zwischenstopp in Zürich einlegen mussten, sind jetzt übrigens deutlich früher da als wir. Jetzt wird mir auch klar, warum es Ewige Stadt heißt. Man braucht ewig, um dort hinzukommen. Ich schaue in den Sonnenuntergang und schließe die Augen. Wenn ich noch nicht in Rom bin, muss ich eben davon träumen.
Sonntag, Anreise (schön wär's), 17:10 Uhr
Ich habe schon früher die Gelegenheit, mich in Geduld zu üben, als ich gedacht hätte. Plötzlich steht an der Anzeigetafel von meinem Gate nicht mehr Rom, sondern Wien. Sicher auch eine schöne Stadt, aber den Papst suche ich da vergeblich. Mein Flug hat eine saftige Verspätung und ich werde wohl nicht vor Mitternacht in meiner Unterkunft ankommen. Die Miniwallfahrt hat noch nicht begonnen und meine Stimmung ist leider schon auf dem Tiefpunkt. Aber ich wollte ja positiv denken – Dolce Vita und so – jetzt kann es zumindest nur noch bergauf gehen.
Sonntag, Anreise, 17:00 Uhr
Ein bisschen fühlt es sich an, wie auf Klassenfahrt mit fremden Menschen zu fahren. Ich sitze am Flughafen Köln/Bonn und bin natürlich viel zu früh da. Erstmal prüfen, ob das Gate auf meinem Ticket auch wirklich existiert, sonst werde ich nervös. Vorher hat mich mein Vater hier abgesetzt. Auch das erinnert mich an die Zeiten von Klassenfahrten. Um mich herum sehe ich bisher keine Gruppen von Ministranten. Viele reisen mit dem Bus an oder sind bereits da. Ich bin schon gespannt, wie es sich anfühlen wird, wenn ganz Rom voller junger Katholiken ist. Okay, voller Katholiken wird es normalerweise wahrscheinlich auch sein. Ich weiß das nicht, denn bei meinem letzten und bisher einzigen Besuch in Rom war ich noch ein Kind. Also erinnere ich mich nur noch an die leckere Pizza, die wir immer bei einem kleinen Laden in einer Seitenstraße unseres Hotels gegessen haben. Und daran, dass ich eine Münze in den Trevibrunnen geworfen habe. Der Legende nach kommt man dann zurück in die Stadt, in die sowieso sprichwörtlich alle Wege führen. Und jetzt bin ich am Flughafen und habe Rom als Ziel, es scheint also etwas dran zu sein. Zumindest für den Fall, dass das Flugzeug nicht abstürzt. Aber die Wahrscheinlichkeit liegt nur bei 0,0000004 Prozent, ich hab's gegoogelt. Meine Reise habe ich vorher minuziös geplant. Zumindest hatte ich das vor. Denn minuziös planen scheint nicht das liebste Hobby der Italiener zu sein. Für meine Drehgenehmigung wurde ich per Mail von Abteilung zu Abteilung weitergeleitet – und zwischendurch auch mal einen Monat ignoriert. Geklappt hat es am Schluss trotzdem. Meine Kollegin hat mir erzählt, dass das normal ist. Ich solle mich entspannen… Vielleicht lerne ich das auf dieser Reise ja noch und lasse mich anstecken von dieser Dolce Vita der Italiener. Gleich startet aber erstmal das Boarding und ich muss schnell den Laptop wegpacken. Ich will schließlich nicht die Letzte im Flugzeug sein – nicht, dass es ohne mich fliegt…