Ein Pallottiner auf Reisen
Der Pallottiner ist ein sogenannter Reisebruder, der die Förderer und Wohltäter der Gemeinschaft in ganz Deutschland besucht und sich für ihren Einsatz bedankt. "Ich bin sozusagen der Vertreter einer frommen Gemeinschaft", scherzt der Bruder.
Mit seinen beiden anderen Mitbrüdern hat er sich die Diözesen in Deutschland aufgeteilt. Bruder Rainer ist für das Bistum Essen, Bamberg und Würzburg zuständig. "Wenn ein Pfarrer mal wieder über die Zusammenlegung der Kirchengemeinden klagt, sage ich ihm: Ich mache das gleich diözesenweise", lacht er.
Der Verkehr ist dem im Auto Reisenden ein steter Begleiter. "Das Fahren wird immer anstrengender", sagt der 62-jährige Ordensmann. "Heute weiß man nie, wie man durchkommt." Einmal hat er vom Wiesbadener Kreuz zum Missionshaus in Limburg vier Stunden gebraucht.
"Danach reicht es einem dann auch", sagt er. Dennoch weiß Bruder Rainer, wofür er die Strapazen auf sich nimmt. Denn der Platz der Pallottiner, so ihre Überzeugung, ist mitten unter den Menschen. Sie wollen jedem von Gottes unendlicher Liebe und Barmherzigkeit erzählen. Wie ihr Gründer, der heilige Vinzenz Pallotti (1795-1850), sind sie davon überzeugt, dass jeder einzelne Mensch von Gott gewollt und geliebt ist. Darum wollen sie die Menschen auf ihrem Lebensweg begleiten.
Auf besondere Weise verbunden
In den einzelnen Diözesen besucht Bruder Rainer junge Familien, Alte und Kranke sowie die ehrenamtlichen Austräger der pallottinischen Zeitschriften. Sie alle sind der Männergemeinschaft auf besondere Weise verbunden und freuen sich, mit ihnen in regelmäßigem Kontakt zu stehen. "Vielen Menschen ist es wichtig, dass da auch mal einer von der Kirche kommt", sagt er. Dabei ist der Bruder kein ausgebildeter Priester. Im Alter von 14 Jahren begann er bei den Pallottinern eine Schreinerlehre, mit 18 trat er in die Gemeinschaft ein. Heute blickt der Pallottiner auf vielfältige Aufgaben zurück - sei es als Pfleger auf der Seniorenstation des Missionshauses Limburg, als Leiter eines Buchladens oder als Mesner in Vallendar.
Aufmerksam wurde er auf die Männergemeinschaft als kleiner Junge in seiner Heimat im Ruhrgebiet. Damals kam regelmäßig ein Mann in schwarzer Kleidung bei den Nachbarn vorbei. "Das machte mich neugierig", so der Bruder. Eines Tages sprach er den Reisebruder an und sagte, dass er die Pallottiner gerne näher kennenlernen würde.
Bald darauf wurde er nach ins Missionshaus Limburg eingeladen.
Seit 2009 ist er nun selbst als Reisebruder im Kollar unterwegs und besucht Menschen zu Hause. Wenn er in Franken Besuche macht, übernachtet er meist in einem ehemaligen Zisterzienserinnenkloster nahe Bad Kissingen. Vier oder fünf Besuche macht er pro Tag, da bleibt manchmal nur Zeit für eine Banane oder eine Portion Pommes zwischendurch. Um nicht als ein "falscher Kardinal" durchzugehen, wie er sagt, trägt er auch immer einen Ausweis mit sich. "Schließlich wird da von manchen immer wieder Mist gebaut, wie neulich in Würzburg, als sich einer als der brasilianische Kardinal Odilo Scherer ausgab."
Bruder Rainer: "Man muss verzeihen können"
Einmal hat Bruder Rainer im Fernstudium ein Theologiestudium angefangen, doch bald wurde er wieder für das konkrete Leben gebraucht, das den Pallottinern so wichtig ist. Bei seinen Hausbesuchen betet er mit den Menschen und spricht über ihren Glauben, aber auch über ihre Sorgen. Wie etwa kürzlich mit einer jungen Frau, die geschieden war und sich in der Heimatgemeinde nicht traute, die Kommunion zu empfangen.
Bruder Rainers Position ist da klar: "Man muss verzeihen können. Keiner kann ohne Weiteres über jene Menschen urteilen, die sich scheiden lassen und wieder heiraten wollen. Da muss man auch auf die Barmherzigkeit Gottes vertrauen." Durch Papst Franziskus sieht er sich in dieser Ansicht bestärkt und hofft, dass die Kirche im Herbst bei der Weltbischofssynode auf die Gläubigen zugeht.
Als Vertreter einer kirchlichen Gemeinschaft stößt der Pallottiner jedoch nicht immer sofort auf das Vertrauen der Menschen. Etwa, wenn sie hören, dass er aus Limburg angereist ist, wo der Skandal um den ehemaligen Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst seine Spuren hinterlassen hat. "Da sage ich dann immer: Wir Pallottiner wohnen auf der anderen Flussseite. Wir haben doch mit dem Bischof nichts zu tun!", scherzt er.
Nachwuchs geht immer weiter zurück
Für ihre Förderer bieten die Pallottiner auch Einkehrtage zu verschiedenen religiösen Themen an. Wie es mit der Nachfolge der drei Reisebrüder weitergeht, ist aber ungewiss, denn der Nachwuchs geht immer weiter zurück. "Als ich in Limburg eintrat, gab es 70 Patres und 100 Brüder. Heute sind wir noch 60 im Haus."
Von diesen Zahlen lässt sich Bruder Rainer nicht abschrecken. Er will mindestens noch zehn Jahre weiterfahren und Menschen besuchen. Wenn der Reisebruder dann selbst einmal Urlaub hat, hat er wenig Lust zu verreisen. Zumindest will er keine stressigen Stadtbesichtigungen machen und umherfahren, sondern an einem Ort bleiben. So wie neulich, im Urlaub an der Nordsee.