(K)ein Extra-Krönchen für Uta?
Die Entscheidung darüber fällt auf der 39. Tagung des Unesco-Welterbekomitees. Rund 1.000 Delegierte aus aller Welt kommen dazu vom 28. Juni bis 8. Juli 2015 nach Bonn. Doch die Chancen für eine Aufnahme stehen offenbar nicht besonders gut. Das Problem: Der Internationale Rat für Denkmalschutz (Icomos) lehnt die Aufnahme ab. Sein vor vier Wochen bekannt gewordenes Gutachten, das dem Unesco-Komitee als Entscheidungsgrundlage dienen soll, fällt Medienberichten zufolge vernichtend aus.
Der Prüfungskommission der internationalen Denkmalpfleger reicht angeblich der "Gesamtcharakter" der Region nicht für den Titel aus. Insgesamt fehle es dem Antrag des Fördervereins "Welterbe an Saale und Unstrut" an allem, an Schlüssigkeit, an Beweis- und Überzeugungskraft. Vor allem stört Icomos der für die Antragsbegründung zentrale Begriff der "Herrschaftslandschaft". Er lasse sich quasi auf beliebig viel europäische Gebiete anwenden. "Einzigartig und originell", merkt das Gutachten an, "ist nur der gewählte Begriff selbst, nicht aber die Gegend, auf die er angewendet wird."
Bauwerk von kunsthistorischem Rang
Fast möchte man fragen: Hätte der Naumburger Dom vielleicht größere Chancen, wenn er sich allein um den Welterbe-Titel beworben hätte? Sein kunsthistorischer Rang scheint außer Frage. So gelten etwa jene lebensgroßen Stifterfiguren des Naumburger Meisters als revolutionärer Ausdruck einer um diese Zeit neu entdeckten Individualität. Die Figuren weinen, lächeln, schauen betrübt, stolz, amüsiert. Kaum würde es den Betrachter wundern, wenn sie ihm plötzlich zuzwinkerten, so lebensecht wirken die steinernen Zeitzeugen.
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Utas Gestalt und charakteristischen Gesichtszüge etwa haben für Generationen das Bild der mittelalterlichen adeligen Frau schlechthin geprägt. Dabei schuf der Naumburger Meister die Figuren erst 200 Jahre nach dem Tod der Stifter. Es handelt sich somit nicht um naturgetreue Darstellungen. Vielmehr wollen die Porträts beispielhaft den Tugenden vorbildlicher Adeliger Gestalt geben.
Einzigartige Lettner-Anlagen aus dem 13. Jahrhundert
Einzigartig machen den als für seine Zeit idealtypisch geltenden Dom auch die beiden aus dem 13. Jahrhundert erhaltenen Lettner-Anlagen. "Er ist damit ein herausgehobenes Beispiel für die Erlebbarkeit der Liturgie des hohen Mittelalters", erklärt der Direktor und Stiftskustos der Vereinigten Domstifter, Holger Kunde. Während der Ostlettner als Lesebühne diente, fungierte der Westlettner lediglich als Chorschranke zur Abgrenzung des Langhauses zum Westchor. Der kunsthistorisch wertvollere von beiden ist der Westlettner mit seiner filigran ausgearbeiteten Passion Christi. Zusammen mit den Werken im Westchor zählt er zu den bedeutendsten Werken der deutschen Frühgotik.
Da in der Vergangenheit die Unesco auch Entscheidungen gefällt hat, die von den Icomos-Empfehlungen abwichen, hat man an Saale und Unstrut die Welterbe-Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Uta und der Dom freilich werden auch ohne den Titel weiterhin ein Publikumsmagnet bleiben.