Kurienerzbischof Paglia: Kurs von Papst Franziskus nicht umkehrbar
Kurienerzbischof Vincenzo Paglia hat seine biografische und inhaltliche Nähe zu Papst Franziskus betont. Er habe ihn schon lange vor der Papstwahl 2013 bei einem Treffen in Spanien kennengelernt, sagte der Leiter der Päpstlichen Akademie für das Leben in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der Tageszeitung "Corriere della Sera". Damals war Jorge Mario Bergoglio noch Erzbischof von Buenos Aires. Jahre vor ihm habe bereits der damalige Sant'Egidio-Pfarrer Matteo Zuppi, heute Kardinal in Bologna, den späteren Papst in Argentinien kennengelernt. "Schon damals sahen wir ihn als Ausdruck einer neuen Vision von Kirche, einer armen Kirche auf der Seite der Armen", erklärte Paglia.
Diese Vision werde allen Widerständen und Gegnern zum Trotz Bestand haben. "Es mag Widerstände geben und Versuche, den Kurs umzudrehen. Aber ich glaube nicht, dass das möglich sein wird", so der zum Umfeld der Gemeinschaft von Sant'Egidio gehörende Erzbischof.
Paglia: Sterben muss wieder menschlicher werden
Weiter sprach sich der vatikanische Vordenker in bioethischen Fragen für eine "Rückkehr zu mehr Humanität" beim Sterben aus. "Wir denken viel zu wenig daran, wie die Verlängerung des Lebens und die neusten Technologien dazu beitragen, dass auch Krankheiten und Leiden verlängert werden", so Paglia. Auf die Frage, ob aktive Sterbehilfe für die katholische Kirche weiter "ein Tabu" bleibe, sagte der Erzbischof: "Ich denke, das Leiden der Menschen sollte den kalten Mechanismen des Gesetzes entzogen werden. Der Tod macht eine schmutzige Arbeit, die der Mensch nicht übernehmen sollte. Aber der Tod muss menschlicher werden, genauer gesagt, er muss wieder menschlicher werden."
Paglia (79) hatte unlängst ein Buch mit dem Titel "Kleines Lexikon vom Ende des Lebens" veröffentlicht, in dem er auf Fragen wie Sterbehilfe und Lebensverlängerung eingeht. Die von ihm geleitete Lebens-Akademie des Vatikans war früher eine konservative Denkfabrik für kirchliche Stellungnahmen gegen Abtreibung, künstliche Befruchtung und Sterbehilfe. Unter Paglias Führung hat sie ihr Themenspektrum erweitert und auch Befürworter von gesetzlichen Liberalisierungen in bioethischen Fragen als Mitglieder aufgenommen. (tmg/KNA)