Missbrauchsbetroffene verlangt rund 850.000 Euro vom Erzbistum

Landgericht Köln kündigt Entscheidung in Schmerzensgeldprozess an

Veröffentlicht am 03.09.2024 um 12:57 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Muss das Erzbistum Köln Schmerzensgeld zahlen, auch wenn ein Priester ein Kind während seiner Freizeit missbrauchte? Über diese grundsätzliche Frage könnte das Kölner Landgericht bald eine Entscheidung treffen.

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In einem viel beachteten Schmerzensgeldprozess einer Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln könnte es bald eine Entscheidung geben. Das Landgericht Köln hat für den 17. September einen Verkündungstermin angesetzt, wie eine Sprecherin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Dienstag mitteilte. Meist wird bei einem Verkündungstermin ein Urteil verkündet.

Die 57-Jährige Betroffene war Pflegetochter des 2022 wegen mehrfachen Missbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilten Priesters U. und wurde von ihm mehrfach vergewaltigt. Sie verlangt rund 850.000 Euro. In dem Verfahren geht es um die grundsätzliche Frage, ob die Amtshaftung des Erzbistums nicht nur den dienstlichen, sondern auch den privaten Bereich eines Priesters umfasst.

Der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern ließ erkennen, dass das Erzbistum nur dann als Dienstherr von Priester U. für dessen Taten zu belangen sei, wenn diese im Rahmen seines Dienstes ausgeführt wurden. Im konkreten Fall habe aber nicht das Erzbistum dem Priester die Obhut über die Klägerin und ein weiteres Pflegekind überlassen, sondern das zuständige Jugendamt.

Anwälte der Klägerin widersprechen

Die Anwälte der Frau argumentieren dagegen, dass der frühere Kölner Erzbischof Joseph Höffner das Pflege-Verhältnis genehmigt habe und ein Priester nach katholischem Selbstverständnis immer im Dienst sei. Klägeranwalt Eberhard Luetjohann fragte: "Wann ist der Vergewaltiger Priester und wann ist er nicht Priester?" Die Klägerseite hatte bis zum 27. August Zeit, zu den strittigen Punkten Stellung zu nehmen. Zudem wollte das Gericht dem Vorwurf nachgehen, das Erzbistum habe von Übernachtungen der damals 12-Jährigen im Priesterseminar in einem Zimmer mit dem Täter gewusst.

Im vergangenen Jahr hatte das Kölner Landgericht in einem anderen Schmerzensgeldprozess gegen das Erzbistum Köln ein wegweisendes Urteil gefällt: Einem früheren missbrauchten Messdiener sprach es 300.000 Euro zu. Das ist die bislang höchste Schmerzensgeldsumme, die ein deutsches Gericht einem Opfer sexualisierter Gewalt in der Kirche zuerkannt hat. Seitdem haben mehrere Missbrauchsbetroffene auf Schmerzensgeld geklagt – teils mit und teils ohne Erfolg. (KNA)